gastkommentar
: Bremen erleben – zum Scheitern der Kulturhauptstadt-Bewerbung

Wir erleben in den letzten Wochen – einerseits – die intensive Arbeit an dem Versuch, möglichst viel von der Dynamik der Kulturentwicklung zu bewahren und weiter zu entwickeln. Martin Heller & Co. haben geschafft, was dieser kläglich gescheiterten „großen“ Koalition seit über einem Jahrzehnt nicht gelingt: positiven Aufbruch zu inszenieren.

Wir erleben in den letzten Tagen andererseits: mediales Raunen über teure Feste, über Unsummen für Wasserköpfe – „informierte Kreise“ nutzen die Medien als Lautsprecher für Attacken auf Freiheit und Entwicklung der Kultur. Wortreich hat Kultursenator Peter Gloystein große Versprechen von zu erhaltener (!) Dynamik, „gesicherten“ Etats und dem Bleiben von Martin Heller in und für Bremen gestammelt: „Das kommt, das Dings...!“ Geschwätz von gestern.

Die neueste Masche unter Bremer Kulturpolitikern ist die Rede von einer „Umsteuerung der Kulturförderung“ hin zu einer nicht näher definierten „Projektförderung“. Gleichzeitig fahren jede Woche ein paar dieser gelobten „Projekte“ an die Wand: Die klassische Projektförderung mit Wettmitteln ist seit fünf Monaten vom Finanzsenator gesperrt. Eine zweite Tranche des Kulturinvestitionsfonds – das große, neue Förderinstrument der Stadt – ist von SPD und CDU politisch auf Eis gelegt worden. Kulturgelder der Bremen Marketing GmbH wurden erheblich gekürzt. Immense Sponsorengelder liegen auf Eis, so lange die Stadt nicht agiert. „Personalkompensationsmittel“, mit denen weggefallene Stellen ersetzt werden sollen, sind gesperrt. „Warten Sie doch, was für die Projekte übrig bleibt“, sagt der CDU-Kulturpolitiker Wolfgang Schrörs. Die große Koalition hat fertig.

Aber vorher wird die Kunst Bremen verlassen haben. Warum sollten genau die Akteure, die über zehn Jahre nicht einmal die Kulturverwaltung reformiert bekommen und Fördermodelle weder bearbeiten noch umsetzen – warum sollten gerade die nun die ganze Kulturszene organisieren können? Wenn zu beweisen war, dass Bremen den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ nicht verdient – es ist jetzt vollbracht.

Carsten Werner