Anleger wollen Geld für HRE-Aktien zurück

ANLEGERSCHUTZ Heute verhandelt ein Münchener Gericht über 200 Millionen Euro Schadenersatz

FREIBURG taz | Erst rettet der Staat mit zig Milliarden Euro den Münchner Immobilienfinanzierer HypoRealEstate (HRE) vor dem Bankrott. Jetzt verlangen ehemalige Anleger zig Millionen Euro Schadenersatz. Auch hierfür könnten am Ende Steuergelder fließen, denn der Staat haftet mit rund 100 Milliarden Euro für Verluste der HRE. Am heutigen Donnerstag verhandelt das Landgericht München über eine Klage, die auf Schadenersatz über mindestens 200 Millionen Euro abzielt.

Die Anleger, die von der Tübinger Kanzlei Tilp vertreten werden, blieben zunächst anonym. Es soll sich um ausländische Pensionsfonds handeln. Sie haben ihre Ansprüche auf den bisher völlig unbekannten Rechtsanwalt Christian Wefers aus Issum in Nordrhein-Westfalen übertragen. Insgesamt liegen bei dem Gericht mehr als fünfzig Klagen gegen die HRE vor.

Völlig aussichtslos sind solche Klagen nicht. Die von Mathias Ruderisch geleitete Kammer, die jetzt verhandeln wird, hat im Juni bereits ein erstes, noch nicht rechtskräftiges Urteil gefällt. Ein Kläger, der 14.000 Euro Schadenersatz von der HRE haben wollte, bekam 4.189,63 Euro zugesprochen. Der Mann, der bereits 436 HRE-Aktien besaß, kaufte Mitte Dezember 2007 weitere 234. Er rechnete mit steigenden Kursen, denn die HRE hatte erklärt, sie gehe „gestärkt“ aus der US-Finanzkrise hervor. Mitte Januar gab sie jedoch eine Abschreibung in Höhe von 390 Millionen Euro bekannt, weil US-Papiere im Portefolio neu bewertet werden mussten. Der Kurs brach ein, der Anleger konnte nur mit hohem Verlust verkaufen.

In seinem Urteil stellte das Gericht auf eine interne Notiz vom 26. November 2007 ab, in der die HRE bereits mit Wertberichtigungen rechnete. Wäre diese Information damals veröffentlicht worden, so Richter Ruderisch, wäre der Kurs sofort eingebrochen. Der Anleger hätte die 234 Aktien Mitte Dezember also viel billiger einkaufen können. Für die 436 früher gekauften Anteile sprach ihm das Gericht keinen Anspruch zu, weil die Schadenersatzvorschrift im Wertpapierhandelsgesetz auf den „Erwerb“ von Anteilen abstelle.

In den anstehenden Prozessen kommt es also sehr darauf an, zu welchem Zeitpunkt ein Anleger HRE-Aktien kaufte. Wer zwischen dem 26. 11. 2007 und dem 15. 1. 2008 Aktien erwarb, hat zumindest bei Richter Ruderisch und seiner Kammer gute Karten. Die 200-Millionen-Euro-Klage bezieht sich nur zum Teil auf diesen Zeitraum. „Wir gehen aber davon aus, dass HRE insgesamt zwischen Juli 2007 und Oktober 2008 die Anleger falsch informiert hat“, so ein Tilp-Anwalt auf Nachfrage. CHRISTIAN RATH