Hilfe, Polizei!

POLIZEIGEWALT Der Maschinenbauingenieur Halil B. erlebte in seiner Wohnung den gewaltsamen Übergriff eines Spezialeinsatzkommandos. Nun will der türkischstämmige Berliner Deutschland verlassen

Die Nacht von Montag auf Dienstag der vergangenen Woche wird Halil B. für immer in Erinnerung bleiben: „Als ich wach wurde, lag ich auf dem Boden meiner Wohnung und wurde von mehreren Leuten geschlagen und getreten“, berichtet der 37-Jährige. Er habe um Hilfe und nach der Polizei gerufen: „Ich dachte, das sei ein Gangster-Überfall“, erinnert sich B. Bis klar wurde: Bei den etwa zehn maskierten Männern handelte es sich um ein Sondereinsatzkommando.

B. wurde festgenommen, auf einer Polizeiwache erkennungsdienstlich behandelt, dann durfte er wieder gehen. Die Spuren der Nacht sind ihm deutlich anzusehen: Beulen, Blutergüsse und Schürfwunden ziehen sich über sein Gesicht. B. sei „Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohung mit Waffen“, begründet die Polizei den Einsatz. Zu Gewalt sei es gekommen, da B. „die Polizeibeamten angegriffen“ und versucht habe, „seine Festnahme zu verhindern“. „Der Widerstand konnte nur durch körperliche Gewalt gebrochen werden“, heißt es in der Antwort der Polizei auf eine Anfrage der taz. Halil B. bestreitet solchen Widerstand. Tatsächlich sei er im Besitz einer Gaspistole „mit allen Genehmigungen“, so B. Am Tag vor der nächtlichen Festnahme sei er auf dem Heimweg von der Arbeit von einem anderen Auto bis vor die Haustür verfolgt worden. Dort sei dessen Fahrer ausgestiegen und habe ihn als „Scheißausländer“ beschimpft. „Ich habe daraufhin die Gaspistole, die ich immer im Handschuhfach habe, herausgenommen und auf die Mittelkonsole neben mich gelegt.“ Die Waffe besitze er, da er als Betriebsrat der Firma, bei der er als Maschinenbauingenieur arbeitet, schon öfter ausländerfeindlich bedroht worden sei: „Ich habe sie nie benutzt und bin auch nicht vorbestraft“, so B.

Er will nun mit Hilfe seines Anwalts gegen die Beamten vorgehen. Die wiederum haben nach eigener Auskunft Anzeige gegen ihn erstattet. Für B. hat die nächtliche Erfahrung eine klare Konsequenz: Er werde Deutschland verlassen, sagt er der taz. Vor 20 Jahren als Student nach Berlin gekommen, hatte er gerade seine in der Türkei lebende Frau, eine Bankerin, zum Umzug nach Berlin überredet. Nun zieht er lieber zu ihr: „Ich habe eine gute Arbeitsstelle, verdiene gut, aber das Gefühl, dass die Leute hier einen eigentlich nicht wollen, erlebe ich immer wieder. Nun reicht es mir.“ ALKE WIERTH