Türkischer Premier empfängt den Chef der Kurdenpartei

FRIEDENSPLAN Erstes Treffen nährt die Hoffnung auf eine politische Lösung des Kurdenkonflikts

ISTANBUL taz | Zwei Jahre hat der türkische Premier Tayyip Erdogan es abgelehnt, den Fraktionschef der prokurdischen DTP, Ahmet Türk, zu einem Gespräch zu empfangen. Am Dienstagnachmittag war es dann endlich so weit. Gut eine Stunde sprachen Erdogan und Türk über den Friedensplan, den Erdogans AKP derzeit zur Lösung der kurdischen Frage vorbereitet.

Danach waren beide sehr von ihrem Treffen angetan. Erdogan sagte, „unsere Hoffnungen auf Frieden sind durch dieses Treffen größer geworden“. Ahmet Türk meinte, „wir freuen uns, dass der Dialog endlich begonnen hat. Jede Seite hat eine große Verantwortung, und wir werden unsere wahrnehmen“.

Seit die DTP bei den Wahlen 2007 erstmals ins türkische Parlament einzog, hatte Erdogan es abgelehnt, sich mit Vertretern der Kurdenpartei zu treffen. Vorher müsse sich die DTP vom Terror der PKK distanzieren, hieß es. Für die links- und rechtsnationalistische Opposition galt dieses Argument erst recht. Vertreter des Militärs boykottierten lange jede Festveranstaltung im Parlament, weil sie sich weigerten, die DTP, die ihnen als legaler Arm der Terroristen gilt, zu treffen.

Doch die politische Szenerie hat sich geändert. Angesichts des bevorstehenden Abzugs der USA aus dem Irak sucht die Türkei nach einer Verständigung mit den Kurden im autonomen Nordirak und sieht sich deshalb auch zu einer politischen Lösung mit der PKK, deren Guerilla im Nordirak ihre Stützpunkte hat, gedrängt. Bevor die Regierung aber mit der PKK direkt spricht, wählt sie die DTP als Vermittler.

Ahmet Türk hat lange auf diesen Moment gewartet. Nach Jahren der Ausgrenzung bietet sich erstmals die Chance, die Vorstellungen der Kurden auf den Tisch zu legen. Gleichberechtigung, Anerkennung der kulturellen Rechte der Minderheiten, eine Verfassungsänderung, die den multiethnischen Charakter der Türkei anerkennt, sind Forderungen, die nie im Parlament ernsthaft erörtert wurden. In zehn Tagen will der inhaftierte PKK-Chef Öcalan über seine Anwälte seine Roadmap zum Frieden der Öffentlichkeit präsentieren. JÜRGEN GOTTSCHLICH