Wahlkampf weitab von NRW

Auch schlechte Schlagzeilen aus Berlin sind gute Schlagzeilen für die NPD. Seit ein paar Monaten bekommt sie keine mehr – und hat keine Chance bei der Wahl am Rhein

BERLIN taz ■ So bescheiden hat man den Rechtsextremen selten erlebt: Nein, beteuert NPD-Sprecher Klaus Beier in beiläufigem Ton, um Bilder vor dem Holocaust-Mahnmal gehe es seiner Partei doch gar nicht: „Dieses Denkmal hat für uns an diesem Tag wirklich keine Bedeutung.“ Gerne wolle man die Meter vor dem Mahnmal am 8. Mai auch schweigend zurücklegen. Denn entscheidend sei nur, dass die Kameraden bis zum Brandenburger Tor marschieren dürften. Das Tor sei schließlich „als Synonym für Deutschland in der ganzen Welt bekannt“ – das Holocaust-Mahnmal hingegen als Kulisse wenig attraktiv. Seine Partei setze doch auf eine „zukunftsorientierte Politik“.

Selbstverständlich weiß der NPD-Sprecher, welche Sprengkraft in seinen Worten liegt, und zündelt nicht zufällig. Seit dem Eklat um die „Bomben-Holocaust“-Parolen des NPD-Fraktionschefs Holger Apfel im Sächsischen Landtag zu Jahresbeginn haben es die Rechtsextremen kaum noch zu größeren Negativschlagzeilen gebracht. Der Höhenrausch nach den Wahlerfolgen in Ostdeutschland – er ist fürs Erste vorbei. Mitte Mai, bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen droht der NPD und ihrer großspurig angepriesenen „Volksfront von rechts“ ein noch größeres Desaster als im Februar in Schleswig-Holstein. Damals holte die NPD 1,9 Prozent der Stimmen. Inzwischen will der NPD-Sprecher seiner Partei nicht einmal mehr dieses Ergebnis versprechen.

Ein mediales Großereignis, die Aussicht auf kostenlose Sendezeit im Fernsehen, Hetz-Parolen führender Parteikader auf allen Kanälen – das kommt den rechtsextremen Strategen wie gerufen, so kurz vor der Wahl.

Die Anmelder des Neonazi-Aufmarschs hoffen, dass 3.000 Kameraden aus der ganzen Republik zu dem Ereignis anreisen. Dass die rechtsextremen Horden, wie im November beantragt, unter dem Motto „60 Jahre Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult!“ tatsächlich vom Alexanderplatz bis vors Brandenburger Tor ziehen dürfen, scheint aber unwahrscheinlich. Das Berliner Verwaltungsgericht gestand den Rechtsextremen in erster Instanz nur eine verkürzte Demo-Route zu, die an der Friedrichstraße endet. Nun liegt der Rechtsstreit beim Oberverwaltungsgericht.

Absehbar ist bisher nur die weitere Route des Rechtswegs – sie dürfte bis nach Karlsruhe führen. Gut möglich, dass die Verfassungsrichter den Rechtsextremen erst in letzter Minute den Weg vorgeben. Ihre Entscheidung könnte auch juristisch richtungsweisend sein: Denn bisher hat das Gericht noch nicht über das neue Versammlungsrecht zum Schutz des Holocaust-Mahnmals geurteilt. ASTRID GEISLER