Über dem Abstellgleis

Der Schellfischtunnel ist saniert. Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine rechtlich und finanziell umsetzbare Idee, wie er auch genutzt werden könnte

Die Idee eines Spurbusses durch den Tunnel scheint nicht finanzierbar zu sein

von Gernot Knödler

Der Schellfischtunnel ist fürs Erste gerettet. Die Stadtentwicklungsbehörde ließ die Röhre, die den Altonaer Bahnhof mit dem ehemaligen Fischereihafen verbindet, für 3,5 Millionen Euro sanieren. Damit ist die Einsturzgefahr für einen günstigen Preis gebannt worden. Zugleich bleibt die Chance erhalten, Norddeutschlands längsten und ältesten Tunnel in Zukunft wieder zu nutzen. Wie das geschehen wird, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar.

Ein großes Gittertor verschließt den Tunneleingang zwischen dem Altonaer Bahnhof und dem Intercity-Hotel. Lediglich neben dem Scheitel der Röhre fehlen ein paar Stäbe, sodass in knapp sechs Metern Höhe ein schlanker Mensch durchschlüpfen könnte. Um dort hinaufzugelangen, ist eine Leiter nötig. Trotzdem scheint der Tunnel schon Besuch bekommen zu haben, wie jedenfalls zwei große Flaschen Pennerglück nahe legen, die in der Tiefe der Röhre herumliegen.

Dem ersten Tunnelabschnitt ist die Sanierung deutlich anzusehen: Die konkaven Wände wirken so, als seien sie verputzt worden. Tatsächlich sind sie mit einer Stahlarmierung ausgekleidet und einer 20 Zentimeter dicken Spritzbeton-Schicht ausgesteift worden. Dass ein schwerer Lastwagen auf der Max-Brauer-Allee das Bauwerk zum Einsturz bringen könnte, ist nicht mehr zu befürchten. Die frühere Gestalt des Tunnels ist im südlichen Abschnitt zu bewundern, wo im Licht der Taschenlampen weiterhin das fein gefügte Ziegelmauerwerk zu sehen ist – eine Arbeit aus den Jahren 1933 bis 1936, als dieser Tunnelteil erneuert wurde.

Der Weg im Tunnel führt über die Gleise der ehemaligen Hafenbahn, die weitgehend unversehrt in ihrem Bett liegen. Erst vor zwölf Jahren ist der Tunnel geschlossen worden, nachdem der letzte Firma, die die Bahn brauchte, das Elbufer verlassen hatte. Die 150.000 Tonnen Güter, vor allem Fisch, die die Züge zu ihren besten Zeiten in den 20er Jahren transportiert hatten, waren 1986 auf 6.000 Tonnen im Jahr geschrumpft. Bereits zehn Jahre vorher hatte die Deutsche Bundesbahn die Strecke aufgeben wollen. Zum Frommen der Hafenbetriebe übernahm Hamburg den Tunnel.

In den 80er Jahren begann die Debatte über die Zukunft der allmählich nutzlos werdenden Hafenbahn. Seither sind die Anlagen auf dem Elbufer zu einem großen Teil zerstört worden, sodass etwa die Idee, ein historisches Touristenbähnchen zu den Landungsbrücken fahren zu lassen, obsolet geworden ist. Eine Straßenbahn im Tunnel hätten die Verfechter dieses Verkehrsmittels zwar schön gefunden, ihr an dieser Stelle aber keine Priorität eingeräumt, wie bei einer Diskussionsrunde vor fünf Jahren deutlich wurde.

Der Wirklichkeit am nächsten schien die Idee eines spurgeführten Busses, der elektronisch gesteuert ohne anzuecken durch den Tunnel geführt worden wäre und nach Neumühlen oder zu den Landungsbrücken hätte weiterfahren können. Die bis zu 30.000 Menschen, die in den Neubauten am Elbstrand einmal arbeiten könnten, wenn alle Büros und Wohnungen vermietet würden, wären superschnell am Altonaer Bahnhof. Der Investor Hendrik de Waal, der den Elbberg-Campus unterhalb des Altonaer Balkons errichten ließ, hatte jedenfalls prophylaktisch bereits einen Bussteig mitbauen lassen.

Doch öffentlicher Nahverkehr im Tunnel würde teuer. Elf Millionen Euro schätzt der Altonaer Baudezernent Reinhold Gütter. Größter Kostenfaktor seien die Fluchtschächte, die im Abstand von einigen Hundert Metern angelegt werden müssten. Der Zeitgewinn gegenüber einer Fahrt auf der Kaistraße, die heute von den Bussen benutzt wird, betrüge allerdings nur wenige Minuten. Die Befürworter des Spurbusses argumentieren deshalb zusätzlich damit, dass die Fahrt durch den 1874 bis 1876 gebauten Tunnel eine Attraktion für Touristen wäre.

Weil eine solche Lösung derzeit aber fern zu sein scheint, schwebt dem Altonaer Bezirksamtsleiter Hinnerk Fock vor, wenigstens „an den Enden des Tunnels etwas zu tun“. Ebenfalls vorstellen könnte sich der FDP-Mann ein wenig aufwändiges Angebot für Touristen, etwa eine Draisine, auf der sich Passagiere im Schweiße ihres Angesichts und unter kundiger Führung durch den Tunnel bewegen könnten.