Nationale Einheit für einen Putschisten

In der Zentralafrikanischen Republik steht Präsident Bozizé, der 2003 die Macht eroberte, vor dem Wahlsieg. Die Gegenseite ist durch Anklagebestrebungen beim Internationalen Strafgerichtshof belastet und daher isoliert

BERLIN taz ■ Vor zwei Jahren putschte er sich an die Macht, am kommenden Sonntag dürfte das Wahlvolk ihn im Amt bestätigen. François Bozizé, Präsident der Zentralafrikanischen Republik, gilt als großer Favorit für die zweite Runde der Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag. Da ein Großteil der zivilen Opposition ihn unterstützt, ist die Gefahr eines Bürgerkriegs in dem strategisch wichtigen Land zwischen Tschad, Kongo und Sudan vorerst gebannt. Und diese Wahl ist wohl auch die erste der Welt, die unter dem Eindruck möglicher Prozesse vor dem Internationalen Strafgerichtshof stattfindet.

Als Bozizé am 15. März 2003 an der Spitze einer Militärrebellion die zentralafrikanische Hauptstadt Bangui eroberte und den 1993 zivilen Präsidenten Ange-Félix Patassé stürzte, hatte die demokratische Opposition des Landes applaudiert. Der einstige Generalstabschef der Armee beseitigte mit seinem Putsch ein zwar gewähltes, aber hochgradig korruptes Regime, dessen Staatschef Patassé sich zuletzt nur mit militärischer Unterstützung aus Libyen und Sudan sowie seitens plündernder Rebellen aus dem Norden der Demokratischen Republik Kongo an der Macht gehalten hatte. Bozizé genoss bei seinem Putsch auch die Unterstützung Frankreichs und dessen Verbündeten, vor allem Tschad, das bis heute Truppen in Bangui stationiert hat.

Zuerst sagte der Putschist Bozizé, er wolle gar nicht lange an der Macht bleiben. Er ernannte den historischen Demokratieführer Abel Goumba zum Vizepräsidenten und richtete einen „nationalen Dialog“ ein, um die Untaten der Vergangenheit aufzuklären – von Patassés Ausplünderung bis zum Schreckensregime „Kaiser“ Bokassas in den 70er-Jahren. Wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen durch Patassés kongolesische Alliierte in Bangui 2002–03 meldete seine Regierung außerdem Klage beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag an – gegen Patassé sowie gegen Jean-Pierre Bemba, Entsender der kongolesischen Kämpfer in Bangui und inzwischen Vizepräsident der Demokratischen Republik Kongo. Es war das erste förmliche Klageersuchen in Den Haag nach Gründung des IstGH.

Das alles fanden seine Verbündeten so gut, dass Bozizé schnell der Versuchung erlag, doch weiter zu regieren. Er meldete Ende letzten Jahres seine Kandidatur zu den Präsidentschaftswahlen an. Das bedeutete den Bruch Bozizés mit den anderen politischen Kräften. Sie warfen ihm nun vor, an der katastrophalen wirtschaftlichen Lage des von Holz- und Diamantenexport abhängigen Landes wenig verbessert zu haben. Die Armut in dem drei Millionen Einwohner zählenden Land ist heute größer als vor zwei Jahren.

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 13. März verfehlte Bozizé allerdings mit 43,97 Prozent knapp die absolute Mehrheit. Da das Wahlergebnis erst nach drei Wochen veröffentlicht wurde, gab es verbreitete Mutmaßungen über Unregelmäßigkeiten. Die gab es sicher, aber letztendlich haben die intellektuellen Politiker in Bangui, die Zugang zu den Medien genießen, keinen Zugriff auf eine größere Wählerschaft auf dem Land. Der ist lediglich zwei Kräften vorbehalten: die MLPC (Befreiungsbewegung des Zentralafrikanischen Volkes) des 2003 gestürzten Patassé, die mit Martin Ziguélé gegen den Willen des exilierten Patassés antritt, und die Regierung von Präsident Bozizé, der parteilos als Chef eines Bündnisses „Kwa na Kwa“ kandidiert. So ist es kein Wunder, dass diese beiden Kräfte nun die Stichwahl am 8. Mai unter sich ausmachen.

Angesichts dieser „Wahl zwischen Pest und Cholera“, wie es ein Politiker nannte, rufen jetzt fast alle zivilen Politiker doch zur Wahl von Bozizé auf. Es gehe darum, „Parteiinteressen zu überwinden“ und einen „realen Willen zur Versöhnung und zum Wiederaufbau“ an den Tag zu legen, erklärte eine Partei.

Es ist relativ selten, dass der Gewinner eines afrikanischen Bürgerkrieges bei Wahlen die intellektuelle Schicht der Hauptstadt für sich einnimmt. So hat die Zentralafrikanische Republik vielen anderen Ländern Afrikas jetzt etwas voraus. Sicherlich spielt dabei auch eine Rolle, dass niemand sich mit einem Gegenkandidaten verbünden will, dessen politische Organisation möglicherweise bald in Den Haag auf die Anklagebank kommt. DOMINIC JOHNSON