Totes Akw frisst den Staatshaushalt

Größter Einzelposten des philippinischen Staatshaushaltes ist der Schuldendienst für ein Atomkraftwerk. Obwohl das Land in der Energiekrise steckt, bleibt das AKW eingemottet. Stattdessen ging Südostasiens erster Windpark ans Netz

MANILAS taz ■ Seit einem halben Jahr wird in philippinischen Amtsstuben geschwitzt: Täglich um 16 Uhr werden die Klimaanlagen abgeschaltet. Seit Anfang April werden viele Regierungsangestellte bereits nach 4 Arbeitstagen ins Wochenende geschickt – um Strom zu sparen. Bürolicht aus während der Mittagspause, weniger Fahrten im Dienstauto – mit einer ganzen Reihe von „Maßnahmen“ versucht Präsidentin Gloria M. Arroyo die Energiekrise zu mildern, die die Philippinen derzeit plagt.

Zu fast 50 Prozent decken die Philippinen ihren Energiebedarfs mit Importöl. Angesichts der hohen Preise eine Katastrophe für das arme Land. Mit der Abhängigkeit vom Öl muss Schluss gemacht werden, so die regierungsamtliche Devise. Atomkraft stellt dabei keine Alternative dar. Denn die Philippinen leisten täglich 300.000 US-Dollar Schuldendienst für ein unter Diktator Ferdinand Marcos gebautes Atomkraftwerk. Dabei hat die 1984 für 2,3 Milliarden US-Dollar fertig gestellte Anlage nie Strom geliefert.

Nach Marcos’ Sturz Anfang 1986 ließ seine Nachfolgerin, Präsidentin Corazon Aquino, das korruptionsbelastete AKW versiegeln und verbannte Atomkraft per Gesetz. Die Ansprüche amerikanischer Geldgeber wurden indes nicht geringer. Die Folgekosten der Atomanlage unweit der Hauptstadt Manila sind der größte Einzelposten im Staatshaushalt. Die Arroyo-Regierung setzt voll auf erneuerbare Energien, um 870 Millionen Dollar im Jahr an Ölimporten zu sparen. Binnen einer Dekade soll die Leistung „grüner“ Energieträger von 4.500 Megawatt auf 9.000 verdoppelt werden. Studien zeigen, dass der Inselstaat in der Solar- und Windenergie großes Potenzial hat. Doch von der Theorie zur Praxis ist es ein weiter Weg. Vor allem auf den Philippinen, wo Geschäftsideen oft im bürokratischen Sumpf versinken.

Mit diesen Schwierigkeiten bestens vertraut ist der Däne Niels Jacobsen: Der Chef der Northwind Power Development Corporation hat es geschafft, den ersten Windpark Südostasiens im Norden der Hauptinsel Luzon in Gang zu bringen. Seit zwei Wochen rotieren die ersten von insgesamt 15 Windturbinen an der Küste von Ilocos Norte.

Fünf Jahre kämpfte der Däne für die Verwirklichung der 25-Megawatt-Anlage. Obgleich Anwohner und ein Ex-Energieminister hinter dem Pilotprojekt standen, die dänische Entwicklungsanstalt Danida einen Kredit über 30 Millionen US-Dollar gewährte, musste er so manche Flaute überstehen: „Der bürokratische Marathon war extrem und lokale Geldgeber standen auch nicht gerade Schlange.“ Dass die Windturbinen aus Dänemark deswegen ausgerechnet während der Taifunzeit ankamen und wegen stürmischer See wochenlang im Hafen von Manila dümpelten, ist heute nur noch Anekdote. Jetzt speisen sie Energie mit 7 Prozent Rabatt ins lokale Netz ein. Jacobsen:„Die Energieversorgung im armen Norden ist erstmals zuverlässig, das lockt sicherlich Investoren.“

HILJA MÜLLER