Zentralabitur verunsichert Gymnasien

SCHULE Bildungssenator Ties Rabe will, dass ab 2014 alle Hamburger Gymnasiasten die gleichen Abituraufgaben gestellt bekommen. Ist damit die fächerübergreifende Profilarbeit hinfällig?

Profile sind Verbünde von drei bis vier Fächern, die ein gemeinsames Themenfeld bearbeiten. Je eines ist auch Prüfungsfach.

■ Es gibt fünf Arten: Profile mit künstlerischem, gesellschaftlichem, naturwissenschaftlich-technischem, sprachlichem und sportlichem Schwerpunkt. Das Profil „System Erde Mensch“ zum Beispiel verbindet Erdkunde mit Biologie, Chemie und Informatik.

■ Schulen können ihre Profile selber zusammenstellen. Ergänzend kann es ein Seminar geben, in dem die Schüler hochschultypische Arbeitsformen kennenlernen.

■ Die Kernfächer Deutsch, Mathe und eine Fremdsprache müssen bis zum Abitur belegt werden, zwei werden dort auch geprüft.

Die Bedingungen, unter denen Hamburgs Schüler Abitur machen, werden sich nach kurzer Zeit schon wieder ändern. Erst 2009 wurde an Hamburgs Oberstufen das alte System der Leistungskurse abgeschafft und durch fächerübergreifende „Profile“ ersetzt. Nun kündigte SPD-Schulsenator Ties Rabe an, man werde künftig in allen Fächern zentrale Abiturarbeiten schreiben. Das wiederum stellt die derzeit aktuelle Profilarbeit in Frage.

Rabe kündigte an, man werde künftig in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathematik sowie in allen Nebenfächern zentrale Aufgaben stellen. Ausgenommen sind nur Orchideenfächer wie Japanisch und Chinesisch sowie zweisprachige Fächer wie englische Geschichte. Relevant ist all dies für die jetzigen zehnten Klassen der Gymnasien und die elften Klassen der Stadtteilschulen, die 2014 Abitur schreiben. Zudem wird der Prüfungstermin um zwei Monate von Februar auf April verschoben.

In Oberstufen-Kollegien löst Rabes Ankündigung Besorgnis aus – wurden die Profile doch gerade erst mit viel Mühe entwickelt. Sie sollten der Erkenntnis Rechnung tragen, dass sich die Probleme im Leben nicht nur isoliert aus der Sicht eines Faches lösen lassen. Die Sorge: künftig werde nur noch für die zentrale Prüfung des Einzelfaches gelernt, angesichts der sowieso knappen Zeit im Turbo-Abi.

Rabe antwortet auf die Frage, ob die Profile unangetastet bleiben, ausweichend. „Die Oberstufenprofile müssen Bestand haben“, sagt er. Jede Schule könne ihre Schwerpunkte setzen. „Gleichzeitig müssen wir gleiche Bildungsstandards sicherstellen.“

Auf Nachfrage räumt sein Sprecher Peter Albrecht ein, dass der fächerübergreifende Akzent in den schriftlichen Abiturprüfungen „in der Tat“ keine Rolle mehr spiele. Die Schulen hätten aber weiter den Spielraum, die Hälfte des Unterrichts frei zu gestalten. „Sie sollten ihren Spielraum weiter nutzen, das wird die Schulaufsicht den Schulen noch vermitteln“, so Albrecht. Welche Themen in den schriftlichen Prüfungen zentral behandelt werden, werde ihnen noch im Mai mitgeteilt.

Die GAL-Politikerin Stefanie von Berg nannte Rabes Pläne „unausgegoren“ und hat nun eine Kleine Anfrage zur Umsetzung gestellt. „Es muss sichergestellt sein, dass die wertvolle Profilarbeit erhalten bleibt und wertvolle Konzeptarbeit von fünf Jahren nicht umsonst war“, sagt sie.

Der Elternkammervorsitzende Michael Hartwig findet die Pläne „bedenkenswert“. Die Verschiebung des Prüfungstermins sei eine alte Forderung der Elternkammer: sonst dauere die Oberstufe im verkürzten Abitur in Wahrheit nur 18 Monate.

Doch auch er hat Bedenken gegen die zentralen Prüfungen. Ob diese sinnvoll seien, wenn andererseits gerade erst mit Profilstufen die Unterschiedlichkeit der Gymnasien betont wurde, sei „fragwürdig“. Hartwig weist darauf hin, dass die neuen Prüfungsordnungen letztlich nicht von Rabe, sondern von der Deputation verabschiedet würden und diese zuvor in Lehrer-, Schüler- und Elternkammer beraten werden müssen. KAIJA KUTTER