ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Hippe und unhippe Iraner

Am Auswärtigen Amt in Berlin demonstrieren derzeit täglich zwei Dutzend Iraner. Mit Fototafeln protestieren sie gegen den Angriff auf das „Camp Aschraf“ im Irak Ende Juli. In Aschraf leben seit den 80er Jahren rund 3.500 exilierte Angehörige der Volksmudschaheddin, der größten bewaffneten Widerstandsgruppe Irans. Die US-amerikanische Regierung ließ sie nach dem Sturz Saddams entwaffnen, sagte den Mudschaheddin aber Schutz durch Genfer Konvention und Völkerrecht zu. Nun brach die immer autonomer handelnde irakische Nationalregierung das Abkommen. Resultat: Acht oppositionelle Iraner starben, Dutzende verschleppte man in irakische Gefängnisse.

In den letzten Monaten verfolgten viele im Westen mit großer Sympathie das Tauziehen zwischen Hardlinern und Reformern im Iran. Bücher wie „Transit Teheran. Pop, Kunst, Politik, Religion. Junges Leben im Iran“ (Salis, 2008) künden seit Längerem von einer reichen iranischen Zivilgesellschaft. Und manche versuchen, die dortigen Konflikte durch Pop- und Glam-Strategien subversiv aufzuhübschen.

Das ist gut so und macht Hoffnung. Dennoch: Den alten und harten Konflikten entkommt man deswegen noch lange nicht. Und da die irakische Regierung nach wie vor am Tropf des Westens hängt, ist das jetzige Schweigen zu den Vorgängen in Aschraf besonders beschämend – egal ob man die Ideologie der linksislamisch-laizistischen Mudschaheddin nun schätzt oder nicht.

Man mag die Angehörigen der Volksmudschaheddin für unzeitgemäß halten, lieber auf Solidaritäts-Hiphopabende gehen und bei Ausstellungen wie „Iran Inside Out“ im New Yorker Chelsea Art Museum neue Zeichen ersehnen. Doch die hässlichen Zeiten, sie sind erst mal noch da. Opportunisten aller Länder, vergesst das nicht!

■ Der Autor leitet das Kulturressort der taz. Foto: privat