Kein Belag ist nötig mehr

BUTTERBROT Sandwich mit Chorizo war gestern. Wer auf sich hält, genießt das Brot mit reiner Butter, ergänzt durch ein Paar Körnchen erlesenen Salzes

VON JAN FEDDERSEN

Unsere Kreise haben ja alles irgendwie schon durch. Wer sagt, er bevorzuge Parmaschinken, könnte diesen auch im Discounter erworben haben; auch Pâté oder Chorizo sind keine Lebensmittel, besser, Brotbeläge, die noch Unterschiede zu den schlichten, auf Sättigung erpichten Essensgemütern stiften. Alles vorige Saison! Neulich musste unsereins tatsächlich ein „Korisso“ mit weich angeschabtem s bei Karstadt an der Theke vernehmen: Nein, da muss man auf andere Distinktionen kommen.

Aber beifällige Gespräche auf Kinderspielplätzen mit Sprösslingen allumsorgender Eltern künden dies: Das gute Butterbrot, das isst man jetzt! Im elektronischen Lexikon heißt es lapidar, ein solches sei eine „mit Butter bestrichene Scheibe Brot“, um zu erläutern, dass im Russischen das deutsche Wort Butterbrot („buterbrod“) als Synonym für ein besonders delikates Sandwich existiere. Und dass es beim Butterbrot nicht darauf ankomme, es beim Fett auf gebackenem Brotteig zu belassen. So wie im Skandinavischen Smörrebröd auch nur meint, dass auf einer Scheibe Brot allerlei Belag gehäufelt wird. Sogar ohne Butterfundament, auf dass die Heringsstückchen, die saftigen Roastbeefscheiben oder die Remouladen nicht das Brot durchsabschen.

Das ist, für unsere Kreise, natürlich alles Tinnef. Unwahres quasi. Ein gutes Butterbrot, das meint eine Scheibe Brot oder deren zwei, auf die oder zwischen die sehr großzügig „gute Butter“ (wie es nach dem Zweiten Weltkrieg in Abgrenzung zur Margarine lautete) gecremt wird. Am besten Schmier von fetten Kühen, gesalzen oder nicht, in der Süßrahmvariante oder in der säuerlichen Version. Eine Prise Meersalz, Fleur de Sel oder gleich, was ja einen schön kolorierten Kontrast gibt, einige Krümchen Salines von den Stränden Hawaiis. Kein Belag ist nötig mehr, keine Leberwurst oder kein geräucherter Schinken. Wenn, dann mit Zutaten von der Schlachtplatte. Das Brot, nebenbei, soll aus Sauerteig gebacken sein. Und am besten im abkühlenden, aber noch warmen Ofenzustand angeschnitten und verzehrt sein. Im Verzicht liegt die Gunst der Stunde!