NOTIZBUCH
: Berlin-Verlag wieder kontinental

Es passte offenbar wirklich nicht so gut. Als man vor einigen Monaten mit Kritikerkollegen extra nach London geflogen wurde, um erstens demonstriert zu bekommen, wie dynamisch das britische Verlagshaus Bloomsbury sein Konzept des global publishing angeht, und zweitens, wie nahtlos und zugleich aber auch eigenständig sich sein deutsches Tochterunternehmen Berlin-Verlag da einfügen könnte, klang alles erst einmal prima. Dinner gab es in einem beeindruckend spätbohemistischen Arts Club. Man traf Buchagenten und Verlagsmitarbeiter aus den USA, Neuseeland, Indien und wer weiß woher, und auch das hatte was. Aber für sich dachte man sich doch: Na klar, in allen diesen Ländern wird ja auch Englisch gesprochen; so etwas erleichtert das global publishing sicher sehr. Aber wie ist das in einem Land, in dem nun mal Deutsch gesprochen wird?

Und in dieser Art zweifelte man sich weiter durch diesen Betriebsausflug. Man sah Buchcover, die als Beispiel für weltweite Verwendung vorgelegt wurden, doch mit deutschen Augen betrachtet kitschig wirkten. Man redete mit Autoren historischer Romane aus Südafrika – nett, aber auch very british –, und unklar erschien, wie sie mit solch dezidiert kontinentalen Berlin-Autoren wie Ingo Schulze, Elfriede Jelinek oder Péter Esterházy ein Programm bilden sollten …

Also. Nun hat man eh Konsequenzen gezogen. Bloomsbury hat den Berlin-Verlag an den schwedischen Bonnier-Konzern verkauft. Der agiert auch international, aber bislang jedenfalls nicht so ehrgeizig aus einem Guss wie Bloomsbury. In Deutschland gehören bereits die Verlage Piper, Ullstein, Carlsen und andere zur Bonnier-Gruppe. Ein eigenständiger Verlag wird Berlin also keineswegs werden, und wie lang die Leine ist, an der Bonnier den Verlag hält, muss man erst einmal sehen. Aber die Chance, sich zwar nicht im global publishing zu üben, aber dafür erst einmal weiter in der deutschen Verlagslandschaft zu profilieren, hat der Berlin-Verlag unter seiner Chefin Birgit Schmitz nun – wenn alles gut geht.

Im Prinzip nichts gegen global publishing übrigens. Man freut sich, wenn man am Flughafen von Delhi oder Dubai festhängt und einen britischen Schmöker kaufen kann. Aber schade wird es halt schon, sobald das auf Kosten der deutschen Verlagsvielfalt geht. DRK