Liberaler Streit um das Bärenfell

Bereits zwei Wochen vor der Wahl kämpfen Nordrhein-Westfalens Liberale um Posten und Pöstchen. Vertraute von FDP-Landtagsfraktionschef Wolf aber warnen: „Der Bär muss noch erlegt werden“

VON ANDREAS WYPUTTA

Sein Job, sagt Robert von Rimscha, Sprecher der Bundes-FDP, sei ein Spagat „zwischen Sprechen und Schweigen“. Zum jüngsten Machtkampf in der nordrhein-westfälischen FDP schweigt der Vertraute von Bundesparteichef Guido Westerwelle lieber: Kein Wort zu Andreas Reichel, den Chef der Liberalen im Ruhrgebiet, den Westerwelle parteiintern als möglichen NRW-Bildungsminister ins Gespräch gebracht haben soll.

Mitarbeiter von FDP-Landtagsfraktionschef Ingo Wolf reden dafür um so mehr. Auf keinen Fall werde Reichel Minister, erzählen sie aufgeregt im Landtag. „Jederzeit“ werde „Berlin die Gerüchte dementieren“, geben sie sich sicher. „Ungeeignet“ sei Reichel, derzeit „Ruhrgas“-Pressesprecher, schon wegen seiner beruflichen Vergangenheit. Reichel hatte seine Karriere beim letzten verbliebenen Steinkohleförderer begonnen. Die Steinkohlesubventionen aber will die FDP auf Null bringen.

Hintergrund des Personalstreits: Reichel gilt als Intimfeind Wolfs, seit er vor zwei Jahren gegen den Fraktionschef putschen wollte. Unter dem Führungsduo, das Wolf zusammen mit Landesparteichef Andreas Pinkwart bildet, werde die FDP „medial nicht mehr wahrgenommen“, hatte Reichel geklagt – und an die „Volkspartei“-Strategie erinnert, mit der Westerwelle und Jürgen Möllemann die Partei auf 18 Prozent bringen wollten.

Zwei Wochen vor der Wahl aber dümpeln die Liberalen irgendwo zwischen sechs und sieben Prozent, was auch Wolfs Vertraute mehr als beunruhigt. „Wir müssen besser werden“, mahnen sie. Noch sei „der Bär nicht erlegt“. Selbst die von Parteichef Pinkwart bei einem Wahlsieg kategorisch eingeforderten zwei Ministerposten gelten als unsicher. Umso mehr loben Wolfs Mitarbeiter ihren Chef: Dessen „zentrale Themenfelder“ seien der Bürokratieabbau, die Innenpolitik. Um jeden Preis will Wolf Innenminister werden, heißt das im Klartext.

Wer ein zweites Ressort – als denkbar gelten die Ressorts Wissenschaft oder Justiz – übernehmen soll, scheint dagegen sekundär: Der Name von Fraktionsgeschäftsführerin Marianne Thomann-Stahl sei „reine Spekulation“. Stattdessen dreschen die Liberalen lieber auf ihren potenziellen Koalitionspartner ein: Dort würden mögliche Minister gezielt lanciert. Derzeit reden Vertraute von CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers gern über Helmut Stahl. Der Fraktionsgeschäftsführer gilt als „guter Mann“ und ministrabel – zum Ärger der Liberalen leider ebenfalls im Wissenschaftsressort.