schmickler macht ernst
: Schreck lass nach!

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Wahrlich, wahrlich ich sage Euch: ich habe sie gesehen. Die größte Heimsuchung der zivilisierten Menschheit. Auf dem Heumarkt am 1. Mai. Da hatten sie sich zusammengerottet: die gewerkschaftlich organisierten Kriminellen. Auf den ersten Blick wirkten sie, um ehrlich zu sein, irgendwie harmlos, da musste man schon die richtige Brille aufsetzen, um ihr wahres Gesicht zu sehen. Zum Beispiel die Brille von Guido Westerwelle.

Der ist ja quasi über Nacht ebenfalls zum Insektenforscher geworden und hat – Heuschreck lass nach! – entdeckt, wer in Wahrheit die größte Plage hierzulande ist: die Gewerkschaften und ihre zügellosen Chefplage-Geister. Da wird die Heuschrecke plötzlich zum Engelen-Käfer. Dass da noch keiner drauf gekommen ist. Zum Beispiel Gott. Da hätte der doch damals in Ägypten den ganzen Riesenaufwand mit den sieben Plagen gar nicht getrieben, sondern einfach gleich eine Gewerkschaft gegründet.

Und wo wir gerade dabei sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da bewerft ihr am 1. Mai in Duisburg die radikale Anti-Heuschrecke Franz Müntefering mit faulen Eiern, und gleichzeitig wird der erklärte Freund der gemeinen Wanderheuschrecke, Peer Steinbrück, in Gelsenkirchen gnadenlos ausgepfiffen. Ich mein, so geht es nun auch wieder nicht. Entweder contra Franz oder pro Peer oder auch umgekehrt aber beides gleichzeitig geht irgendwie nicht. Da müsst ihr Euch dann schon entscheiden.

Wie zum Beispiel die Grünen, deren Fraktionsvorsagerin jetzt ebenfalls das Fähnlein des Heuschreckenschutzes in den wirtschaftpolitischen Wind hält, und sich ausdrücklich zum Gewinnstreben der Unternehmer bekennt. Würde sagen: Heuschreck lass nach!