Arbeitslos in Henry-Town

In der Kinderstadt in Lokstedt ist fast alles so wie im richtigen Leben. Selbst die Jobs sind knapp

In dieser Stadt ziehen Kinder die Fäden: Am 13. Mai wandelt sich die Grundschule Hinter der Lieth zur Henry-Town. 200 Sieben- bis Zwölfjährige beziehen für vier Tage das Gelände in Lokstedt, schlafen auf Feldbetten in den Klassenräumen – jedes Bett hat eine Hausnummer, jedes Klassenzimmer einen Straßennamen. Wie die Kinderstadt funktioniert, davon können sich Außenstehende während der Besuchszeiten ein Bild machen.

Veranstaltender Träger der Ministadt – benannt nach dem Rot-Kreuz-Gründer Henry Dunant – ist der Jugendrotkreuz Landesverband Hamburg. „Als demokratischer Jugendverband möchte der JRK den Kindern zeigen, welche Rechte und Verantwortungen sie haben“, erläutert Claudia Kalina, eine der Hauptorganisatorinnen. Finanziert wird das Projekt vom Amt für Jugend, dem JRK und den Teilnehmerbeiträgen. 15 Euro kostet das Stadtrecht von Henry-Town, weitaus mehr als 200 potenzielle Einwohner hatten sich darum beworben.

Die Stadt in der Stadt steht realen Gemeinwesen in fast nichts nach. Die Bürger haben einen Personalausweis und ein Grundgesetz. Der Senat regiert, die Behörden verwalten, Mieten, Steuern, Konsumgüter werden mit Henry und Kreuzer bezahlt. Auch ein Krankenhaus, eine Zeitung und selbst Kino und Theater gibt es – meistens in Zeltform auf dem Schulhof.

Und es regiert ein Stadtoberhaupt, das am ersten Tag gekürt werden muss. Leve Vetter wird nicht kandidieren. „Bürgermeister zu sein ist gar nicht so einfach“, findet der Elfjährige, dessen großer Bruder Malte vor zwei Jahren als Bürgermeister-Stellvertreter fungierte. „Man macht sich ganz schnell wieder unbeliebt.“ Der Regierungschef ernennt den Senat, alle anderen Einwohner müssen zum Arbeitsamt, und das möglichst schnell, denn es gibt weniger Arbeitsplätze als Kinder. „Da gab es schon mal Tränen“, erzählt Jennifer Trojack (19), eine der etwa 100 erwachsenen BetreuerInnen. Beschäftigungslose erhalten Sozialhilfe und müssen dafür Fortbildungen machen. „Die Jobs werden aber morgens und nachmittags neu vergeben“, weist Trojack den Weg aus der Langzeitarbeitslosigkeit.

Schon 2002 und 2003 errichteten Kinder ihre Stadt, damals unter der Schirmherrschaft von Ole von Beust. In diesem Jahr hat Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die Schirmherrschaft übernommen. Der JRK plant, das Projekt im Zweijahresrhythmus zu veranstalten, die nächste Kinderstadt soll es 2007 geben.Jana Kischkat

Führungen: Sonnabend, 14. 5., um 11, Sonntag, 15. 5., um 15.15 Uhr