Kulturkapitän macht auf Stimmungskanone

In „schwerer See“ will Kölns neuer Kulturdezernent Georg Quander „Kurs halten“, „geschickt manövrieren“ – und die städtischen Kultureinrichtungen stärker von der Verwaltung abkoppeln. Die freie Szene der Stadt bleibt skeptisch

KÖLN taz ■ Spätestens seit gestern wissen die beiden Neuen, unter welchem Erwartungsdruck sie stehen. Georg Quander, der kürzlich gewählte Kölner Kulturdezernent, und Andreas Blühm, ab 1. Juli neuer Leiter des Wallraf-Richartz-Museums (WRM), trafen auf der Podiumsdiskussion „Was tun, Köln? Zur Lage der Kulturstadt“ in der Schlosserei auf alte Hasen der Kölner Kulturszene. Und bekamen deren geballten Unmut über eine jahrelang fehl gelaufene Kulturpolitik zu spüren.

Reiner Michalke vom Kulturnetz Köln, Schauspielhaus-Intendant Marc Günther und der Vorsitzende des Literaturhauses, Gottfried Honnefelder, machten bei der von den Bühnen Köln und dem Kölner Stadt-Anzeiger organisierten Veranstaltung keinen Hehl aus ihrem Frust über Kölns schlechten Ruf.

Doch der neue Kulturdezernent lehnte sich nur wenig aus dem Fenster. Georg Quander bezeichnete als eine seiner Hauptaufgaben, in Köln „die Stimmung zu verbessern“. Zwar befinde sich die Stadt in finanzieller Hinsicht „in schwerer See. Aber ich sehe nicht, dass ein Sturm heraufzieht“, sagte der langjährige Intendant der Berliner Staatsoper. „Man muss gut manövrieren und Kurs halten können“, so beschrieb er seine zukünftige Amtsführung.

Allerdings räumte Quander ein, bei seinen Verhandlungen mit der Stadt „keine Zukunftszusage“ bekommen zu haben, dass der Kulturetat „über acht Jahre sakrosankt“ sei. Ihm sei es aber gelungen, das Kulturamt als „Transmissionsriemen für die freie Szene“ zu erhalten. Zudem habe er die Zusage bekommen, „Kultureinrichtungen möglichst weit von der Verwaltung abkoppeln“ zu können. Quander spielte damit auf die geplante Umstrukturierung der städtischen Museen in privatwirtschaftliche Rechtsformen an.

Dafür bekam er Lob vom neuen WRM-Leiter Andreas Blühm, der das Museum mit Zustimmung des Rates in eine gemeinnützige GmbH überführen wird. Blühm kommt mit Rückenwind aus Amsterdam, denn mit großem Erfolg hat er dort seit 1993 das Van Gogh Museum geleitet. Im Vergleich zum niederländischen Stiftungsmodell, das dem Direktor großen Entscheidungsspielraum lässt, hält der gebürtige Berliner die Kölner gGmbH für einen „sehr schüchternen ersten Schritt“. Keinesfalls gehe es hier um eine Privatisierung, so will er seinen Gegnern den Wind aus den Segeln nehmen, sondern nur um eine selbstständigere Betriebsführung.

Köln habe es versäumt, die Interessen aller Künstler mehr zu berücksichtigen, kritisierte Reiner Michalke. Um aus der Stadt wieder einen attraktiven Kulturstandort zu machen, müsse außer den städtischen Einrichtungen auch die freie Szene gefördert werden, forderte der Programmchef des Stadtgartens. „Wir müssen heute Leute in die Stadt holen, die morgen Dinge tun, von denen man spricht“, zeigte er sich überzeugt. Eine Opernsanierung sei kein Signal an Künstler: „Kommt nach Köln“. ISABEL FANNRICH