Versteckte Groteske

„perform performing“: Jochen Roller beschließt seine Trilogie über Kunst und Arbeit auf Kampnagel

Nun ist sie vollendet und war endlich auch in Hamburg beim Koproduzenten Kampnagel zu sehen: Jochen Rollers Trilogie „perform performing“, in der der Künstler in absurder, komischer und auch tragischer Weise über den „Sinn und Unsinn, Tanz als Arbeit zu betrachten“ philosophiert. Hatte Roller im ersten Teil noch Ökonomie und Mehrwert des Tanzproduzierens mit dem Verdienst von Brotjobs gegengerechnet und im zweiten Teil als Gigolo die Arbeit an der Kunst um der Selbstliebe willen gefeiert, so tauscht er jetzt den Designeranzug gegen die Jeansjacke und schaut dem Volk direkt aufs Maul.

Über allem steht die Frage nach dem Recht des Künstlers auf Arbeit. Zusammen mit der Filmemacherin Dorothea Grießbach ist Roller durch die Republik gereist und hat seine Namensvettern aufgesucht: Roller befragt Roller – einen pensionierten Eisenbahningenieur im Osten, einen Weinbauern im Süden, einen Lehrer irgendwo in der Mitte – nach der Rechtfertigung von Kunst, insbesondere, wenn diese vom Steuerzahler subventioniert ist .„Gehen Sie ins Theater?“ hat er zum Beispiel gefragt. „Man muss sich überwinden“, lautet eine Antwort. „Experimente, ja. Aber bitte schön auf eigenes Risiko.“

Antworten, die Roller zu dem resignierten Schluss veranlassen, von nun an nur noch in der (geistigen) Vorstellung zu tanzen. Er verbietet sich die grotesken Verrenkungen, für die man ihn liebt, und lässt sein Publikum nur noch vage teilhaben an seinem inneren Tanz. Nein, möchte man abwehren. Das kann es doch nicht gewesen sein. Zumal der Choreograph mittlerweile als Aushängeschild eines neuen intelligenten konzeptionellen Tanzes in Deutschland gilt.

Doch in einer Kaffeebohnenzählerstadt wie Hamburg, in der sich der zeitgenössische Tanz ohne Lobby und ohne echtes Interesse der Kulturverantwortlichen heute mehr denn je einen Wolf strampelt, wird einem das Dilemma, das Roller hier durchdekliniert, krass vorgeführt. Und der Künstler setzt noch einen drauf: Die größte Halle K6 wählt er aus, baut eine Bühne auf die Bühne, spielt gegen die gähnende Leere der Zuschauerränge an, vor einem kleinen Grüppchen Eingeweihter.

Und allmählich beginnt man zu verstehen, warum Roller seine Wahlheimat Hamburg gegen seine Geburtsstadt Berlin zurückgetauscht hat: Seither geht es mit seinem Erfolg steil bergauf. Die Impulse für das aktuelle Stück hat allerdings wohl nur eine Stadt wie Hamburg liefern können. Marga Wolff

nächste Vorstellungen: 10. + 14.5., 20 Uhr, Kampnagel