Des Cineasten Kumpel im Norden

Subtile Eigentümlichkeiten und rare Schlüsselwerke: Das zweite Festival des kanadischen Films „Maple Movies“ beginnt am Mittwoch im Metropolis

von Alexander Diehl

Als vor zwei Jahren unter dem Banner „Maple Movies“ das erste Programm mit „jüngerem kanadischen Film“ von Hamburg aus durch deutsche Kinos gereicht wurde, ging es den Initiatoren auch und gerade darum, das Filmland Kanada selbst vorzustellen. Zu zeigen, dass es sich um eine Nation handele mit einer eigenen – wenn auch vergleichsweise jungen – Kinotradition, überstrahlt vom großen Nachbarn, den USA mit ihrer durchsetzungsfähigen, so viel produktiveren Filmindustrie.

Mag auch das beträchtliche Engagement des offiziellen Kanada, was Förderung und Vertrieb des einheimischen Films angeht, eine andere Sprache sprechen: Dass es „Blödsinn“ sei, „von einem nationalistischen Blick auf Kino auszugehen“, betonte damals Kurator David Kleingers: Weder ökonomisch noch künstlerisch lasse sich die Idee eines vollständig eigenen Nationalkinos aufrechterhalten.

Hinzuzufügen wäre: Schon wegen seiner Kolonialgeschichte hat man es im Falle Kanadas mit wenigstens zwei großen Kinotraditionen zu tun – einer französisch- und einer englischsprachigen mit jeweils eigenen Einflüssen und Hintergründen. Wohl aber kann der Blick gerichtet werden auf Besonderheiten und Gemeinsamkeiten – und die stellen sich für europäische Augen sehr viel weniger grell dar als etwa in den exotischer scheinenden Arbeiten aus asiatischen Ländern, wie sie in den vergangenen Jahren in den Fokus westlicher Aufmerksamkeit geraten sind.

Inhaltlich betrachtet Kleingers die zweite Auflage von „Maple Movies“ als Fortsetzung der ersten: Gezeigt werden 13 Filme, darunter eine Dokumentation, produziert zum größten Teil in den vergangenen beiden Jahren. Wiederum widmet man sich aber auch den Pionieren des neueren kanadischen Kinos: Gezeigt werden mit Claude Jutras Mon oncle Antoine und Goin‘ Down the Road von Don Shebib zwei Spielfilme aus den Jahren 1970/71, denen die Geschichtsschreibung inzwischen den Rang von Schlüsselwerken zugedacht hat. Sie im Programm zu haben, ist eine mittlere Sensation und zu verdanken der Unterstützung durch die Förder- und Marketinginstitution Telefilm Canada.

Bei der Auswahl wurde erneut „subjektiv gesiebt“, so Kleingers: Was ihm unter den vielen kanadischen Produktionen, die er in den vergangenen zwei Jahren ansehen konnte, gefallen habe, das sei nun zu sehen – zumeist zum ersten Mal in Europa. Auch in Zukunft werden nur die wenigsten Arbeiten im Programm Aussicht darauf haben, einmal regulär nach Europa zu gelangen. Das nämlich garantieren weder die beste Geschichte noch die liebevollste Ausführung – beides zu erleben nicht nur in Scott Smiths an Larmoyanz erfreulich armem Familiendrama Falling Angels.

Auch Michael Dowses unterhaltsames „Mockumentary“ – zu übersetzen am ehesten wohl mit „Pseudo-Doku“ – Fubar mag daheim noch so ein Kassenschlager sein: Hiesige Headbanger werden diese fingierte Reise in die Lebensräume des nordamerikanischen white trash – genauer: das Calgary zweier sympathischer Langhaariger – nie im Multiplex ihrer Wahl sehen können.

Besser stehen die Chancen da für The Saddest Music in the World: Isabella Rosselini sei Dank, die hier eine clevere Brauereibesitzerin spielt in Zeiten, da in den USA noch die Prohibition herrschte und sich die Blicke sehnsuchtsvoll über die Grenze richteten – nach Kanada, „Trunkenbolds Kumpel im Norden“.

Eröffnung mit Falling Angels (mit Gästen): Mi, 11. 5., 20 Uhr, Metropolis. Das Festival läuft dort bis zum 2. 6. www.metropoliskino.de