Sicherheit bleibt an Nagel hängen

Die Beobachtung des „radikalen Islamismus“ bildet Schwerpunkt der Arbeit des Hamburger Verfassungsschutzes. Autonome gelten wie üblich als gefährlicher als Rechtsextremisten. Innensenator hat Anti-Terror-Koordinator eingesetzt

Von Elke Spanner

Seit den Terroranschlägen von Madrid, meint Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos), „hat der internationale Terrorismus auch Europa erreicht“. Eine konkrete Bedrohung der Hansestadt durch radikale Islamisten wittert er zwar nicht. Da Terroristen aber „nicht vor Landesgrenzen Halt machen“, habe er die „Sicherheitsarchitektur der internationalen Gefährdungslage angepasst“, sagte Nagel gestern und präsentierte mit dem Verfassungsschutzbericht für 2004 Bernd Krösser als neuen „Anti-Terror-Koordinator“ der Stadt. Der sieht seine Aufgabe darin, dem „terroristischen Netzwerk ein Netzwerk behördlicher Tätigkeiten entgegenzustellen“.

Auf die Beobachtung der so genannten Dschihadisten hat der Verfassungsschutz 2004 wie schon im Vorjahr den Schwerpunkt seiner Arbeit gelegt. Und dabei festgestellt, dass die Zahl der zum gewaltbereiten Spektrum zählenden Muslime unverändert geblieben ist: Rund 200 gelten als gewaltbefürwortend, 20 als konkrete „Gefährder“.

Verändert hat sich nach Aussage von Verfassungsschutzchef Heino Vahldieck (CDU) aber das gesellschaftliche Milieu, dem sie entstammen: Die Mitglieder der Terrorgruppe rund um den Todespiloten des 11. September, Mohammed Atta, waren Studenten und sind während ihres Studienaufenthaltes in Hamburg „nicht mal schwarzgefahren“, heute entstammen viele der „Gefährder“ einem „kleinkriminellen Milieu“. Sie seien für die Drahtzieher des islamischen Terrorismus besonders wertvoll, da sie ihre Kontakte beispielsweise für die Beschaffung gefälschter Papiere nutzen könnten. Rekrutiert würden radikale Islamisten überwiegend in Moscheen. Als Zentren hob Vahldieck die Al-Kuds-Moschee, die Mouhajerin-Moschee sowie die Al-Nur-Moschee hervor.

Immer wichtiger bei der Bekämpfung des religiösen Fanatismus sei das Zusammenwirken von Verfassungsschutz, Polizei und Ausländerbehörde. Vahldieck: „Wer unsere Stadt gefährdet, muss sie verlassen.“ Viele „Gefährder“ aber, ergänzte Innensenator Nagel, haben einen deutschen Pass: „Da haben wir keine Chance, sie loszuwerden.“

Verändert hat sich 2004 laut Verfassungsschutzbericht das Parteienspektrum der Rechtsextremisten. Der Hamburger Landesverband der „Republikaner“ hat sich aufgelöst, deren frühere Vorstandsmitglieder sind zur NPD gewechselt. Seit diese in anderen Bundesländern Wahlabsprachen mit der Deutschen Volksunion (DVU) getroffen hat, sei sie auch in Hamburg „drauf und dran, die entscheidende Kraft zu werden“. Insgesamt aber sei der Rechtsextremismus ein Thema, das „den politischen Alltag in der Stadt nicht prägt“.

Anders sieht es laut Vahldieck mit der politisch linken Szene aus. Zwar habe sich für die Autonomen das Thema geändert: nach den früheren Bauwagen-Demonstrationen stehe jetzt der Widerstand gegen den Umbau des Wasserturms im Schanzenpark zum Luxushotel im Vordergrund. Hinzugekommen sei eine neue organisierte „Aneignungskultur“ unter dem Motto „Alles für alle und zwar umsonst“. Laut Verfassungsschutz will diese Protestbewegung „den sozial Schwächsten eine Möglichkeit zum Überleben in einer Überflussgesellschaft bieten“. Für Vahldieck jedoch besteht diese Politik darin, dass man „schlicht klaut und das politisch motiviert“. Die Gruppe „Hamburg umsonst“, die vor einer Woche unter dem Motto „Die fetten Jahre sind vorbei“ das Büffet im Süllberg-Restaurant abräumte (taz berichtete), wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

Auch die PDS ist weiterhin im Visier: Im Gegensatz zum Bund, offenbart der Bericht, „werden in Hamburg alle Mitglieder der PDS dem linksextremistischen Spektrum zugerechnet“.