berliner szenen Allein als Hase

Im Kostüm seiner selbst

Vor der Bar des kleinen Klubs in der Granseer Straße stand ein Mann in einem braunen Hasenkostüm. Es war sehr flauschig und reichte bis zu den Füßen, also Pfoten. Nur das Kopfteil fehlte. Es bestand aus zwei Teilen und war auf zwei andere Männer verteilt, die nebeneinander in seiner Nähe standen. Der eine hatte einen Pagenhaarschnitt und das Hasengesichtsteil auf seiner Stirn. Der andere hatte Hasenohren an seinem Kopf befestigt und grinste. Die drei Männer standen da und unterhielten sich.

Doch eigentlich schwiegen sie, während die anderen redeten. Oder es war wohl so, dass nur der Schlanke mit den Hasenohren manchmal etwas sagte, während die anderen beiden auf eine unangestrengte Art schwiegen. Die, die schwiegen, hatten runde Gesichter, die auf eine wohlwollende Art ausdruckslos wirkten. Oder es war wohl so, dass sie konzentriert und gefasst in sich gekehrt schienen und nach außen hin wohlwollend, wie die Idee einer introvertierten, also irgendwie eingesperrten Sympathie. Jemand sagte, der eine Hase sei Musiker und in dem Kostüm schon einmal in Barcelona aufgetreten. Es war aber kein Auftritt, keine Performance; es war wohl nur so gewesen, dass er an diesem Abend einfach sein Hasenkostüm angezogen hatte, bevor er in den Club ging; vielleicht, weil er allein sein wollte, aber doch unter Menschen. Als Hase. Besser als Hasengruppe.

Und wenn man zu ihm ging, schaute er einen mit seinen runden braunen Augen an und schwieg hartnäckig, ohne sein Wissen preiszugeben. Alles stimmte wehmütig in diesem Frühling. Man fühlt sich ja auch immer unpassend in dem albernen Kostüm seiner selbst. Es wäre alles besser, wenn einem öfter Männer in Hasenkostümen begegneten. DETLEF KUHLBRODT