LESERINNENBRIEFE
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Artikel öffnet die Augen

■ betr.: „Stützen, quetschen, pressen, polstern“, taz vom 5. 3. 12

Beeindruckend, wie Stefan Mahlke die Schönheitsmaße der Menschen aus der Frühzeit errät, das Ideal 90-60-90, das sich auf wundersame Weise bis in die heutigen Männergehirne gerettet hat. Da muss doch was dran sein. Noch beeindruckender die Erklärung des Rasierwahns, der da so mittlerweile in der Bevölkerung, egal ob männlich oder weiblich, tobt. Endlich verstehen wir, warum aber auch jedes Härchen am Körper entfernt wird: Das hat schon Darwin gefeiert! Wer nicht rasiert, verliert! Wow! Dass sich da so manches weibliche Geschlechtsteil in ein präpubertäres verwandelt, spielt also gar keine Rolle in der Männerfantasie! Aber die Krönung ist die Erkenntnis über die Standardisierung der Frontalstellung! Danke, liebe taz, für diesen offensichtlich äußerst gut recherchierten wissenschaftlichen Artikel, der mir die Augen geöffnet hat! Vielleicht darf’s ja auch ein bisschen mehr Hirn sein?

STEFANIE WEIGAND, Ilsede

Blick über Tellerrand

■ betr.: „Stützen, quetschen, pressen, polstern“, taz vom 5. 3. 12

Bei allen durchaus interessanten Gedanken, die der Autor anführt: Wer 90-60-90 zum quasi „natürlichen“, von der Evolution festgelegten Idealmaß erklärt, hat weder einen Blick in die Geschichte noch über den Tellerrand der westlichen Kultur getan. Dann könnte er nämlich feststellen, dass 1. das Ideal des weiblichen Körpers in vielen anderen Kulturen völlig anders aussieht, weil fülligere Formen wie z. B. die sogenannte Birnenform bevorzugt werden, 2. der Reiz der weiblichen Brust in vielen Kulturen eine vergleichsweise geringe Rolle spielt, was womöglich damit zu tun hat, dass die Bedeutung des Busens als Ernährungsorgan für die Nachkommenschaft dominiert, 3. dieses Ideal des weiblichen Körpers auch im Abendland erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts seinen Siegeszug vollenden konnte, auch Barbie sei Dank. Dass es sich mittlerweile in der ganzen Welt findet, hat weniger mit Evolution als vielmehr damit zu tun, dass ein solches Bild der – weißen – Frau ein Sinnbild für gesellschaftlichen Aufstieg und Erfolg und damit ein Instrument kultureller Kolonisierung geworden ist. LORENZ ROLLHÄUSER, Berlin

Wie der Gang zur Kosmetikerin

■ betr.: „Sie will den großen Schnitt“, taz vom 3. 3. 12

Als ich die „Unter-Überschrift“ der Sonntaz „Alexandra Blachère ließ sich die Brüste machen“ las, musste ich bei der Formulierung zweimal hinschauen. Bei der operativen Brustvergrößerung, sei es mit oder ohne Silikonimplantation, wird ein unversehrter Körper durch einen chirurgischen Eingriff verletzt. Über Risiken wie Wundheilungsstörung, Nachblutung, Wundinfektion, Implantatabstoßung, Narkosezwischenfall usw. wird zwar aufgeklärt, aber anscheinend werden sie wegen der großen Normalität und Akzeptanz von Schönheitsoperationen nicht als bedrohlich wahrgenommen. Auch die taz trägt mit ihrer Wortwahl dazu bei, dass kosmetische Operationen im allgemeinen Bewusstsein wohl bald einem Gang zur Kosmetikerin oder zum Friseur gleichgesetzt werden. Auf die anderen hoch soziologischen, gendertheoretischen, evolutionsbiologischen und insgesamt hochtrabenden Aspekte des Skandals gehe ich jetzt nicht ein.

JULIA LIESEGANG, Alfter

Der Körper ändert sich immerzu

■ betr.: „Sie will den großen Schnitt“, taz vom 3. 3. 12

Vorweg: Ich unterstütze Alexandra Blachères wütendes Engagement für stärkere staatliche Kontrolle von medizinischen Implantaten ganz und gar und finde es großartig, dass die Pipettes durchsetzen konnten, dass die PIP-Implantate kostenlos entfernt werden – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Jene, die sagen, die Frauen seien doch selber schuld, vergessen völlig, wie eine taz-Kolumnistin richtig bemerkte, dass sie garantiert auch einer Liebhaberei frönen, die unter bestimmten Umständen gesundheitsschädlich sein kann.

„Alexandra Blachère ließ sich die Brüste machen.“ So beginnt der Untertitel. Diese Formulierung hat die Eignung zum Unwort des Jahres. Alexandra Blachère hat seit ihrer Pubertät und auch nach drei gestillten Kindern Brüste. Sie hat sich also keine Brüste machen lassen, kam allerdings mit deren Veränderung nicht klar. Wenn ich mich so umhöre, findet kaum eine Frau ihre Brüste so richtig toll, wenn sie sich im Spiegel betrachtet.

Dass Brüste sich nach drei Stillzeiten auch nicht mehr gut anfühlen, kann ich mir vorstellen. Genauso wie die Beckenbodenmuskulatur nach einer Entbindung trainiert werden muss, brauchen auch die Brüste Aufmerksamkeit und liebevolle Massage, um wieder in Form zu kommen, wenn die Stillzeit beendet ist. Dafür braucht man nichts anderes als ein bisschen Zeit, Geduld mit sich selbst und die Anerkennung der Tatsache, dass der Körper sich immerzu ändert. Ein Training der Muskulatur des oberen Rückens und der Brustmuskulatur tun ein Weiteres, um die Brüste aufzurichten.

BIRGIT KÜBLER, Regensburg