berliner szenen Eier im Einkaufswagen

Moments of Beauty

Ich habe noch nie so schöne Eier gesehen. Braun glänzend sitzen sie in ihren Kartonsesseln. Pralle braune Eier in einem offenen Karton. Ich frage mich, wozu die Frau vor mir, in deren Einkaufswagen diese Eier das Zentrum bilden, den Karton offen lässt. Hat das ästhetische Gründe?

Jetzt merke ich, dass auch der Rest der Waren sehr liebevoll im Wagen arrangiert ist. Ein Becher Schlagsahne, vorne im abgetrennten Bereich des Wagens, eine Flasche Sherry und eine mit Erdbeersirup am gegenüberliegenden Ende des Wagens an das Gitter gelehnt und zwei abgewogene Stück Käse von der Käsetheke, ein halbes Kilo Hackfleisch von der Fleischtheke und drei Päckchen schon fertige Pfannekuchen umschließen die Eier wie ein Nest. Ein Baumwollbeutel hängt am dafür vorgesehen Haken am Wagen. Wozu sie die Eier wohl braucht, wenn die Pfannekuchen doch schon fertig sind? Sehen Eier immer so unwiderstehlich aus, wenn man den Karton aufgeklappt lässt?

Die Frau dreht sich zu mir um und lächelt. Ich lächle zurück und blicke in meinen Korb. Ein Kopfsalat, zusammengequetscht in einer zu kleinen Plastiktüte, ein Kräuterquark von der Billigmarke dieses Supermarkts, eine Packung Butterkekse, „aus unserer Region“. Der Sack Kartoffeln droht meinen Einkauf unter seiner Last zu zerdrücken. Die Frau folgt meinem Blick und lächelt immer noch, jetzt ein wenig mitleidig, wie ich meine.

„Immer steht man in der Schlange, die am langsamsten vorangeht“, sagt sie und legt dabei zärtlich ihre Waren auf das Band. Die Eier zuerst. Die Kassiererin klappt den Kartondeckel über ihnen zu, Bioeier. „Das stimmt“, sage ich. Plötzlich habe ich das Bedürfnis, ihr die schönen braunen Eier zu zerdeppern.

MAREIKE BARMEYER