Kreuzberg jedzie do Szczecina

Kreuzberg fährt nach Stettin: Seit fast zehn Jahren pflegt der Bezirk eine Städtepartnerschaft mit der polnischen Metropole. Am besten funktioniert dabei der Austausch unter Jugendlichen, Senioren und Künstlern. Größte Barriere bleibt die Sprache

VON MONIKA STEFANEK

Wer auf der Internetseite der Senatskanzlei nach Städtepartnerschaften sucht, findet 17 Treffer, darunter auch die polnische Hauptstadt Warschau. Eine ganz besondere Beziehung dagegen findet man dort nicht: die Städtepartnerschaft zwischen Kreuzberg und der 420.000-Einwohner-Stadt Stettin. 1996 entstanden, ist sie inzwischen ein wichtiger Rahmen für Aktivitäten zwischen beiden Orten.

Die Zusammenarbeit findet auf verschiedenen Ebenen statt. „Am besten haben bisher der Kulturaustausch und die Jugendbegegnungen geklappt“, sagt Christine Ziegler vom Verein Städtepartner Stettin. „Aber auch die Seniorentreffen sind gut gelungen: Inzwischen entwickeln sich zwischen den Senioren aus Stettin und Berlin persönliche Beziehungen.“

Eines der größten Projekte bisher waren Hofbegrünungen in Mietshäusern im Stettiner Bezirk Turzyn. Die Aktion, ein gemeinsames Projekt des Siedlungsrats Turzyn und der Technischen Universität Stettin, wurde als großer Erfolg bezeichnet – auch, weil an der Begrünung viele Einwohner teilgenommen haben. Angeregt und finanziert wurde das Projekt, das noch nicht abgeschlossen ist, vor allem aus Geldern aus Kreuzberg.

Auch die gegenseitigen Besucherreisen im Rahmen des Partnerschaftsprogramms sind beliebt. Schon im Juni werden Senioren aus Kreuzberg wieder zum Besuch des Botanischen Gartens in Przelewice bei Stettin fahren. Jugendliche haben mehrere Möglichkeiten, ihre gleichaltrigen Kollegen aus dem Nachbarland kennen zu lernen: Gruppen aus Polen kommen mehrmals im Jahr nach Berlin. Die Programme beinhalten Stadtbesichtigungen sowie kulturelle und sportliche Aktivitäten.

Junge Polen fahren gerne nach Deutschland. Viel schwieriger ist es hingegen, Jugendliche aus Deutschland nach Stettin oder Westpommern zu locken. „Immer wenn wir einen Ausflug nach Polen organisieren, fehlen uns die Teilnehmer aus Berlin“, erzählt Christine Ziegler. „Aber wenn jemand schon einmal mit nach Stettin gefahren ist, will er immer wieder mitfahren.“

Aus der Partnerschaft zwischen Stettin und Kreuzberg entwickeln sich vor allem jede Menge kultureller Veranstaltungen. Am weitesten ist die Zusammenarbeit mit dem weltberühmten Teatr Kana gediehen: Jeden Juli findet ein großes Straßentheaterfestival in Stettin statt, an dem sich Kreuzberger Gruppen beteiligen. Mehrmals wurde polnische Kunst in Berlin ausgestellt. Erfolgreich waren die Ausstellungen „24 Stunden aus dem Leben von Stettin“ und „Stettin gestern und heute“. Auch Kreuzberg legt immer mehr Wert auf seine Präsenz in der polnischen Stadt. In der letzten Woche hat sich der Bezirk bei dem Fest „Picknick an der Oder“ vorgestellt – in einem Zelt mit Bremerhafen und Rostock, den offiziellen Partnerstädten von Stettin.

Die Zusammenarbeit mit Stettin ist erfolgreich, aber auch arbeitsintensiv – das wissen die Mitglieder des Vereins allzu gut. Das größte Problem ist immer noch die Verständigung. „Alles geht langsamer, als man nach der Wende erwartet hätte“, sagt Christine Ziegler. „Viele Leute in Stettin sprechen gut Deutsch oder Englisch, aber die Deutschen nur selten Polnisch. Beim Jugendaustausch kann das schon ein Problem sein, denn die Körpersprache reicht oft nicht, um alles zu erklären.“

Was noch fehlt, ist der Erfahrungsaustausch unter Fachkräften. Drogenabhängigkeit, Jugenddelinquenz und viele andere Probleme sind auf beiden Seiten ähnlich stark verbreitet. Es gab zwar bereits einige Expertentreffen – das Interesse sei aber nicht besonders groß gewesen, berichtet Christine Ziegler.

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