LESERINNENBRIEFE
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Lasst uns Frauen doch mal in Ruhe

■ betr.: Zum Internationalen Frauentag

Der internationale Frauentag hängt mir zum Halse raus. Jedes Jahr bekomme ich das Gefühl, eine totale Versagerin zu sein. Ich muss lesen, dass ich eine Nulpe bin, weil ich zwei Teilzeitjobs habe, die nicht meinem akademischen Abschluss entsprechen und ich damit im Alter unter die Armutsgrenze fallen werde. Dazu habe ich zwei Kinder, die ich nicht fremdbetreuen lassen wollte (nicht weil spezieller Förderbedarf nötig gewesen wäre, nein, ich wollte Zeit mit ihnen verbringen). Und ich habe auch noch einen Gatten, der sich bemüht, auch im Haushalt mit anzupacken. Zum Glück habe ich mir meine Brüste noch nicht operieren lassen, sonst wäre ich wahrscheinlich komplett unten durch und könnte mir nur noch den Strick nehmen. Lasst uns Frauen doch einfach mal in Ruhe! Kritisiert lieber die Bedingungen, die uns Frauen nicht die Wahl lassen, unser Leben individuell zu gestalten. Was für die eine gut ist, muss für die andere nicht erstrebenswert sein. Und falsche Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen: davor ist niemand gefeit, auch Männer nicht. That’s life! GUN WITTRIEN, Wennigsen

Auf grünen Lippen

■ betr.: „Ende Wut, alles gut“, taz vom 10./11. 3. 12

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warf im Hamburger Abendblatt Exbundespräsident Wulff vor, er schade mit seiner militärischen Verabschiedung der Bundeswehr. Diese Äußerung zeigt einmal mehr sehr deutlich, wo die Grünen, die doch einst als PazifistInnen angetreten waren, in Bezug auf das Militär inzwischen leider gelandet sind, denn in den 80er Jahren hätten sie sich doch gefreut, wenn der Bundeswehr Schaden zugefügt worden wäre. Eine Anmerkung wie die von Frau Künast wäre damals sicher nicht über grüne Lippen gekommen. JOACHIM FISCHER, Bremen

Warum Wulff so gut ankam

■ betr.: „Ende Wut, alles gut“, taz vom 10./11. 3. 12“

Was die Grünen sich fragen sollten ist, warum der alte Bundespräsident bei Deutschen mit Migrationshintergrund so gut angekommen ist, beliebt war und sein Rücktritt von der Mehrheit bis heute bedauert wird. Das hat Herr Wulff mit einer Rede, mit zwei Sätzen geschafft und mit der richtigen Reaktion nach der Aufklärung der NSU-Morde, nämlich er hat ehrliches Mitgefühl vermittelt und nicht gleich wieder ein reines Politikum daraus gemacht. Damit wir uns nicht falsch verstehen, der Mann war eine Zumutung. Ich weiß nur nicht, was Grüne und die Sozialdemokraten falsch machen, dass trotz ständiger Beteuerungen und lauter Anträgen und Beschlüssen ihr ehrliches Interesse an diesem Thema nicht so richtig vermitteln können, gerade auch an die Migranten hier. MARKUS MEISTER, Berlin

Lupenrein antikriegerisch

■ betr.: „In Wartestellung“, taz vom 9. 3. 12

Wie kann man aus der Aussage Merkels vor der Knesset, jede bisherige Bundesregierung und jeder Bundeskanzler inklusive ihr selbst seien der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet (gewesen), was sie als Staatsräson tituliert, die Möglichkeit ableiten, Deutschland müsse sich eventuell an einem Krieg Israels gegen den Iran aktiv beteiligen?

Deutschland kann für sich reklamieren, seiner historischen Verantwortung gerecht zu werden, indem es sich eben nicht an Kriegen beteiligt, schon gar nicht an aktiv initiierten! Wir sind doch historisch vielen anderen Nationen den Schritt voraus, dass Krieg – und sei es „nur Säbelrasseln“ – sich als machtpolitisches Moment absolut disqualifiziert hat. Die Lösung liegt in einer solchen Diplomatie, die diese Option gar nicht zur Debatte stellt. Wenn man mit seiner Diplomatie Ahmadinedschad nicht persönlich erreicht, so müssen die Inhalte der Diplomatie die Völker erreichen. Und zwar lupenrein antikriegerisch, um Ahmadinedschad und Konsorten die machtpolitische Basis durch Belebung des ja vorhandenen iranischen Widerstandes zu entziehen. HEIKO WEHDE, Flensburg

Niederlage der Vernunft

■ betr.: „Der Spielraum ist verspielt“, taz vom 9.3. 12

Sie schreiben zu einem möglichen Krieg Israel gegen den Iran: „Interventionen Deutschlands wird es häufiger geben, man wird sich daran gewöhnen.“ Warum schreiben Sie Interventionen statt Kriege? Orwell lässt grüßen! Ich werde mich nicht an deutsche Kriege („Interventionen!“) gewöhnen und werde alles dafür tun, dass sich die Deutschen nicht daran gewöhnen. Denn Krieg ist immer eine Niederlage der Vernunft und eine humanitäre Katastrophe. Krieg ist keine Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln, auch wenn uns jetzt sogar die taz-Redaktion an Kriege zu gewöhnen versucht. Das lässt mich erschaudern. MARTIN BREIDERT, Bad Honnef