DFB ahnt wieder einmal nichts

Angeblich neuer Fall von Wettmanipulation: Wattenscheider Regionalligaspiele der Saison 2003/04 stehen unter Verdacht. Staatsanwaltschaft, DFB und Verein wissen wenig bis gar nichts

VON MARTIN TEIGELER

Rüdiger Knaup wurde gestern beim Frühstück gestört. Dem Chef der SG Wattenscheid 09 fiel fast das Brötchen aus der Hand, als er die ersten Nachrichten mitbekam. „Bei uns lief gerade Frühstücksfernsehen, als meine Frau sagte, die reden da von Wattenscheid“, so Knaup. Der Präsident schnappte nur bruchstückhafte Worte der TV-Moderatoren auf: Wettskandal, Telefonüberwachung, Wattenscheid. „Ich weiß nichts, ich muss gleich mal bei der Staatsanwaltschaft anrufen“, so der ratlose Knaup zur taz.

Was der Wattenscheider gestern im Fernsehen sah, worüber mehrere Zeitungen gestern berichteten, wirkte wie Hoyzer, Teil X. Ein neues Kapitel im undurchsichtigen Fußballskandal. Auslöser der neuen Manipulationsgerüchte sind Vorermittlungen der Duisburger Justiz gegen osteuropäische Dunkelmänner. Bei umfangreichen Telefonüberwachungen mutmaßlicher Drogenhändler waren den Ermittlern laut NRZ zahlreiche Fußball-Gespräche aufgefallen. Dabei soll es um eine in Mazedonien beheimatete Gruppierung mit Verbindungen in die deutsche Drogenszene gehen. Die international operierende Bande soll Tipps auf zuvor „geregelte“ Spiele von Wattenscheid 09 gegen Holstein Kiel und den FC Sachsen Leipzig abgegeben haben. Zudem sollen zahlreiche Partien der obersten Spielklassen in Frankreich, Belgien und Österreich betroffen sein. Einzelheiten ihrer Ermittlungen wollte die Staatsanwaltschaft gestern nicht bekannt geben.

Wattenscheid war in der Saison 2003/2004 aus der Fußball-Regionalliga Nord abgestiegen – derzeit kämpfen die Bochumer Vorstädter um den Wiederaufstieg. Von den vier Spielen gegen Kiel und Leipzig wurden damals drei gewonnen, eines verloren. „Dabei ist mir nichts Seltsames aufgefallen“, so Wattenscheid-Chef Rüdiger Knaup rückblickend. Auch die Spielberichte deuten nicht auf abstruse Schiedsrichterentscheidungen oder seltsame Eigentore hin.

Michael Grunwald, Sprecher der für den Hoyzerskandal (siehe Infokasten) zuständigen Berliner Staatsanwaltschaft, der die Duisburger Ermittlungs-Ergebnisse inzwischen zugestellt wurden, wollte einen neuerlichen Wettskandal denn auch nicht bestätigen. „Das ist ein Vorprüfungsverfahren“, sagte Grunwald gestern auf Anfrage. Bislang gebe es noch keine Anzeichen für Straftaten. Ob Spieler oder Schiedsrichter involviert sein könnten, wollte der Justizsprecher nicht kommentieren. Die Auswertung von Telefonüberwachungen sei schwierig – bei Wettmanipulationen besonders. „Ohne die konkreten Akten zu zitieren: Da hat man es dann mit Andeutungen wie ‚Es ist angerichtet‘ oder ‚09 ist sicher‘ zu tun.“

Auch der DFB reagierte zurückhaltend. „Sobald sich konkrete Verdachtsmomente ergeben, werden wir im Rahmen unserer sportrechtlichen Möglichkeiten ermitteln“, sagte DFB-Pressechef Harald Stenger. Für den Fußballverband kommen die neuen Verdachtsmomente zur Unzeit. Auf einem außerordentlichen Bundestag hatte die Fußball-Bürokratie Ende April gerade erst einen Schlussstrich unter die Wettaffäre gezogen.