Verfolgte Minderheit

Protest gegen „antisemitische“ Politologie-Vorlesung. Dozent wittert Kampagne

Akademisch und antisemitisch: Historisch ist das kein Widerspruch. Aktuell muss sich der Hamburger Wissenschaftler Rolf Hanisch mit dem Vorwurf auseinandersetzen, eine „antisemitische Lehrveranstaltung“ anzubieten. Seine wöchentliche Vorlesung „Der ‚neue‘ Antisemitismus: Ein Weltproblem?“ wurde vom Institut für Politische Wissenschaften nun auf ein Wochenendseminar umgestellt, nachdem Studierende mehrere Sitzungen gestört hatten.

Schon zu Semesterbeginn hatte die „Hamburger Studienbibliothek“ (HSB) die Universitätsleitung zur Absetzung des Seminars aufgefordert. Begründet wurde das mit Formulierungen des Gastdozenten im Vorlesungsverzeichnis: Dort erläuterte Hanisch, „wesentliche Befunde der aktuellen Antisemitismuskritik nicht“ zu teilen und eine „Minderheitenposition“ zu vertreten. „Welche?“, fragten sich Studierende – zumal, wenn im Seminar Antworten auf Fragen wie: „Sind die Juden selbst schuld am Antisemitismus?“ oder „Das Lebensrecht Israels? Welches Israels?“ gesucht werden sollten.

Solchermaßen die „eigene Position als These vorzutragen, gehört zum antisemitischen Kanon“, kritisierte eine Vertreterin des studentischen „Bündnisses gegen antisemitische Lehrveranstaltungen“ am Mittwoch Abend auf einer Veranstaltung zum Thema.

„Die Sache ist konstruiert“, erklärt indes Hanisch gegenüber der taz. Gegen ihn laufe eine Kampagne von Antideutschen mit „bolschewistischen Methoden“. Er wolle nicht das Existenzrecht Israels in Frage stellen, sondern diskutieren, in welchen Grenzen der Staat bestehen sollte. In Israel selbst, so Hanisch, würde die Position der „biblischen Grenzen bis zum Jordan“ ja auch kritisiert. Andreas Speit