Führungswechsel in der Krise

KarstadtQuelle macht Tempo: Thomas Middelhoff als neuer Vorstandschef und Hero Brahms als neuer Oberaufseher sollen die Sanierung des Konzerns beschleunigen

BERLIN taz ■ Der bisherige Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff wird Vorstandsvorsitzender des KarstadtQuelle-Konzerns. Das war für die Börse die Nachricht des Tages – auch wenn die Meinungen der Anleger über diese Neubesetzung weit auseinander gingen. Die Aktie jedenfalls sprang gestern auf und ab.

Die Unsicherheit ist nachvollziehbar: Deutlicher kann man eine Krise kaum anzeigen als dadurch, dass der Oberkontrolleur plötzlich das operative Geschäft an sich reißt. Und tatsächlich ist zwar der Wechsel eines Vorstandschefs in den Aufsichtsrat in deutschen Unternehmen trotz aller Kritik durchaus üblich, der umgekehrte Weg ist jedoch höchst ungewöhnlich. Gerade ein Beispiel gibt es in den Annalen von Dax und M-Dax: 2002 sprang Helmut Sihler kurzfristig für den zurückgetretenen Telekom-Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer ein, um Ruhe in das damals heftig trudelnde Unternehmen zu bringen.

Auch bei Middelhoff könnte es sich um eine solche Übergangslösung handeln: Der ehemalige Bertelsmann-Chef erklärte gestern nach der entscheidenden Sitzung des Aufsichtsrats, er sei nur den Bitten der anderen Aufseher und der Eigentümer nachgekommen und „bereit, das Unternehmen bis zu einem erfolgreichen Abschluss des Turn-Arounds zu führen“. Er wollte sich nicht festlegen, wie lange die Sanierung – und damit sein Amt? – dauern wird.

Dass KarstadtQuelle hier auf jeden Fall einen Schritt zulegen will, zeigt auch die Berufung von Hero Brahms zum neuen Aufsichtsratschef: Der 63-jährige ist nicht nur als ehemaliger Linde-Finanzvorstand, sondern auch als strikter Sanierer bekannt – etwa bei der Hoesch AG, die er Anfang der 80-er Jahre aus einer Krise manövrierte, aber auch um die Hälfte der Beschäftigten erleichterte, oder später als Vizepräsident der Treuhand.

Auch der ebenfalls gestern vorgestellte Quartalsbericht bestätigt, dass KarstadtQuelle seine Probleme noch längst nicht im Griff hat. Und die liegen im operativen Geschäft: So haben die Verkäufe von Unternehmensteilen wie der Logistiksparte und Beteiligungen bislang 400 Millionen Euro eingebracht und dem Unternehmen so etwas Luft verschafft. Aber die Umsätze sackten in den ersten drei Monaten des Jahres um 8,4 Prozent auf knapp 3 Milliarden Euro ab.

BEATE WILLMS