„Europa der Vaterländer“

taz: Herr Gauweiler, Sie haben mit Nein gestimmt. Halten Sie auch Ihre Klage gegen die EU-Verfassung weiter aufrecht?

Peter Gauweiler: Ja, selbstverständlich. Ich werde unmittelbar nach der Abstimmung im Bundesrat am 27. Mai in Karlsruhe vorstellig werden.

Die Geschichtsstunde des Kanzlers über die europäische Einigung hat Sie also nicht beeindruckt?

Der Kanzler hat das Ganze mit Adlerblick beurteilt. Aber der Teufel liegt hier im Detail. Vor allem hat Schröder sich mit meinem Einwand, dass mit der EU-Verfassung das Grundgesetz zur Disposition gestellt wird, überhaupt nicht auseinander gesetzt.

Sie bilden eine neue Koalition der Nein-Sager: Gauweiler und die PDS. Fühlen Sie sich in dieser Gesellschaft wohl?

Wir sind alle Parlamentarier und unsere Aufgabe ist es, unsere Meinung zu vertreten. Die These, dass der Bundestag dieser Verfassung gar nicht zustimmen kann, weil sie das Grundgesetz aufhebt, vertreten hier nur einige Einzelgänger. Aber wenn ich die Umfragen richtig lese, sind über 90 Prozent der Bevölkerung auf unserer Seite.

Viele sagen, Sie brechen mit Ihrem Nein die europapolitische Tradition der Union.

Die Tradition der Gründerväter der Union und der großen konservativen Politiker war immer das Europa der Vaterländer. Das ist mit der Politik, jetzt hier eine neue riesige Zentralgewalt zu installieren, meiner Meinung nach nicht vereinbar.

Muss die EU nicht stärker werden, um mit den USA oder China mithalten zu können?

Ich will keine europäischen USA. Wirtschaftlich erfolgreich sind sowieso die kleinen Einheiten, das haben uns die Tigerstaaten in Asien ja längst vorgemacht.