„Wähler machen sich erst jetzt Gedanken“

taz-Interview mit dem Bonner Omniquest-Meinungsforscher Thomas Plitt über Umfragen auf schwankendem Eis und die wankelmütige, unentschlossene Wählerschaft eine Woche vor der NRW-Landtagswahl am 22. Mai

taz: Eine Woche vor der Wahl spielen die Meinungsumfragen verrückt. Ist das Rauf und Runter zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün normal?Thomas Plitt: Bis zu einem gewissen Grad ist das normal, ja. Das sind alles tagesaktuelle, momentane Abbilder derzeit. Man bewegt sich auf ganz, ganz schwankendem Eis.

Je nach Institut gibt es starke Schwankungen.Unterschiede von fünf, sechs Prozent sind schwer erklärbar, das stimmt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich hier und da die politische Ausrichtung mancher Institute bemerkbar macht.

Ist das die einzige Erklärung?Nein, ich sehe das größere Problem in der Kurzfristigkeit der aktuellen Umfragen. Hier reicht manchmal nur ein tagesaktuelles Ereignis aus, das gegenwärtige Wahlverhalten zu beeinflussen. Stabile Werte lassen sich nur bei kontinuierlicher Beobachtung und ganz bestimmter Wertefragen garantieren.

Die Wählerschaft erscheint aber wenig stabil und gefestigt.Es sind nur noch wenige Tage bis zur Wahl. Jetzt entscheiden sich bislang Unentschlossene, Wechselwähler und politisch wenig Interessierte. Diese Leute werden nun so langsam zu einer Entscheidung gezwungen.

Können wir uns also auf weitere widersprüchliche Umfragen bis zum 22. Mai einstellen?Ja, das geht jetzt bis kurz vor dem Wahltag so weiter. Die Schwankungen in den Umfragen könnten sogar noch zunehmen. Erst jetzt machen sich viele Wählerinnen und Wähler genaue Gedanken, was sie wählen sollen.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER