Mobilisierungsschub für die SPD

Wenige Tage vor der Wahl gerät die SPD-Anhängerschaft in Bewegung. Steigende Briefwahlzahlen in den sozialdemokratischen Hochburgen des Ruhrgebiets. Umfragen sehen Zuwächse für die SPD

VON MARTIN TEIGELER
UND ANDREAS WYPUTTA

Acht Tage vor der NRW-Landtagswahl ist die SPD plötzlich wieder da. Nach wochenlangem Tief und einem schleppenden Wahlkampf legen die Sozialdemokraten in den Umfragen zu. Der Vorsprung von Schwarz-Gelb vor Rot-Grün beträgt laut einer aktuellen Umfrage von Infratest-Dimap nur noch 5 Prozent (CDU 43, SPD 37, Grüne 8, FDP 7). „Zum ersten Mal“ sei NRW abgekoppelt vom Bundestrend, so SPD-Fraktionschef Edgar Moron gestern zur taz. „Die Stimmung ist viel besser, als es die Umfragen lange gezeigt haben.“ Nach taz-Informationen gibt es zudem eine sehr hohe Briefwahl-Mobilisierung in den SPD-Hochburgen des Ruhrgebiets.

So haben im SPD-regierten Dortmund bereits 65.000 Wahlberechtigte Briefwahlanträge gestellt. Bei der letzten Landtagswahl 2000 gab es nur 50.000 Wählerinnen und Wähler per Post. Auch die sozialdemokratische Hochburg Gelsenkirchen meldet „deutlich höhere“ Briefwahlanträge, so ein Sprecher der Kommune. Ferner wurden in den traditionell sozialdemokratischen Landtagswahlkreisen von Duisburg und Herten zweistellige Zuwachsraten gemeldet. „Wir haben etwa 10 Prozent mehr Briefwähler“, sagt ein Sprecher der Stadt Duisburg. Von „außergewöhnlichen“ Steigerungsraten berichtet das Hertener Rathaus.

Ein schwache Wahlbeteiligung im Revier hatten Politologen und Meinungsforscher zuvor als größtes SPD-Risiko für den Wahltag ausgemacht. Aus CDU-Städten wie Münster, Paderborn oder dem Kreis Borken vermelden die Behörden keine vergleichbaren Zuwachsraten.

Die SPD setzt deshalb besonders auf eine Mobilisierung ihrer Stammwähler gerade im nördlichen Ruhrgebiet. „Das Revier ist unsere Traditionshochburg. Hier hoffen wir auf eine deutliche Steigerung der Wahlbeteiligung“, sagt Michael „Mike“ Groschek. Der Generalsekretär der NRW-SPD kennt die Gefahr, die von der „Sofapartei“, also von den Sozialdemokraten enttäuschten Nichtwählern ausgehen könnte: Noch vor wenigen Tagen hatte SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück in Dortmund eingeräumt, zu einem Wahlsieg fehlten ihm rund 800.000 Stimmen.

Helfen soll deshalb auch eine Initiative von 36 Alt-Oberbürgermeistern aus dem Revier, die sich vor allem an ältere Wählerinnen und Wähler richtet. „Geradlinig und zuverlässig“ sei Steinbrück, loben etwa Ex-Sozialminister Hermann Heinemann und Dortmunds Ex-OB Günter Samtlebe den Regierungschef – ganz im Gegensatz zu CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers, „der jeden Tag etwas anderes fordert“. Nach den Arbeitnehmern müssten aber auch „die Begüterten“ belastet werden.