Niedersachsen versinkt im Mist

AGRARINDUSTRIE Große Ställe produzieren weit mehr Geflügelmist und Gülle, als es Flächen gibt, die damit gedüngt werden könnten, warnt die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen

Allein im Raum Weser-Ems fehlen 90.000 Hektar Fläche für die dort produzierte Gülle

Ein funktionierendes Kontrollsystem für die wachsende Flut von Gülle und Geflügelmist aus Agrarfabriken fordert die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL) in Niedersachen. Bislang würden an Mastställe „Freibriefe für Gülleströme“ verteilt, erklärte der ABL-Vorsitzende Martin Schulz gestern. Was mit der Gülle geschehe, werde unzureichend überwacht.

Vor der Genehmigung von Biogas- und Mastanlagen müssen die Betreiber mit so genannten qualifizierten Flächennachweisen belegen, wo die Gülle, der Trockenkot oder das Gärsubstrat aus ihren Anlagen in den Boden kommt. Reichen die eigenen Flächen nicht, um den Mist darauf zu verdüngen, geben ihn die Anlagen-Betreiber weiter: So genannte Güllebörsen vermitteln den Dünger, zumeist zwischen Betrieben mit großem Viehbestand und Betrieben mit großen Ackerflächen.

In der Praxis allerdings hätten sich rund um den Güllehandel unüberschaubare Nährstoff-Ströme entwickelt, warnt die ABL: Weder die einzelnen Flächennachweise noch die Einhaltung der Düngeverordnung würden von der niedersächsischen Landwirtschaftskammer systematisch überwacht. Die Konsequenz: Überdüngung.

Schon jetzt fehlen im Raum Weser-Ems – einer Hochburg der Geflügelmastindustrie – 90.000 Hektar Fläche, um den dort produzierten Mist vor Ort zu verdüngen, wie die ABL unter Berufung auf interne Zahlen der Landwirtschaftskammer erklärt. Allein 84.000 Hektar bräuchten die Landkreise Grafschaft Bentheim und Emsland. Die Niederlande exportieren zudem zwei Millionen Tonnen Gülle- und Trockenkot im Jahr nach Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – 230.000 Hektar sind nötig, um die verdüngen zu können.

Dass in Niedersachsen dennoch Großmastanlagen genehmigt werden, „ohne wirklich den Verbleib der anfallenden Trockenkot- und Güllemenge zu kontrollieren“, nennt der ABL-Vorsitzende Schulz schlicht einen „Skandal“.  THA