Klare Regeln für 1-Euro-Jobs

Was dürfen 1-Euro-Jobber? Senat, Arbeitsagentur und Wirtschaft legen gemeinsame Positivliste vor, die erlaubte Tätigkeiten detailliert auflistet. Diese sind vom ersten Arbeitsmarkt weit entfernt

VON RICHARD ROTHER

Kindern vorlesen, Kastanienlaub harken, Botengänge erledigen – die 1-Euro-Jobber können jetzt loslegen. Senat, Arbeitsagentur und Wirtschaft haben sich mit einer so genannten Positivliste darauf geeinigt, welche Tätigkeiten die Arbeitslosenjobber konkret ausüben dürfen. Das ist bundesweit bislang einmalig. Der Hintergrund: Jüngst waren immer wieder Fälle von Missbrauch der 1-Euro-Jobs bekannt geworden. Offiziell dürfen diese Jobs nämlich keine reguläre Beschäftigung verdrängen. Sie sollen zusätzlich sein.

Dass die Definition der Zusätzlichkeit im Alltag schwer fällt, wundert kaum. Jetzt soll die Positivliste den Akteuren eine Art Handlungsanweisung geben. Dabei sind deren Interessen unterschiedlich: Die Arbeitsagentur möchte so viele 1-Euro-Jobs wie möglich, damit sie die Arbeitsmarktreform Hartz IV als Erfolg verkaufen kann; die Wirtschaft sieht diese Jobs mit Misstrauen, weil sie um Aufträge fürchtet; und die Bezirksämter liebäugeln hier und da mit Einsparungen, wenn sie Arbeit von Billigjobbern erledigen lassen.

Vor diesem Hintergrund wird auch die lange Positivliste verständlich, die die zulässigen Tätigkeiten bis ins Detail regelt und damit scheinbar absurd wirkt. So dürfen 1-Euro-Jobber künftig Laub harken – aber nur, wenn es sich um Sonderaktionen wie die Beseitigung von mit Miniermotten befallenen Blättern handelt. Die normale Laubbeseitigung bleibt der Stadtreinigung und den Gartenbetrieben vorbehalten. Oder: 1-Euro-Jobber dürfen Unkraut auf Wegen beseitigen, auf Beeten und Rabatten sollen dies aber die Gartenbetriebe tun.

Ähnlich detailliert sind die Vorschriften im Gesundheits- und im Bildungsbereich. So dürfen 1-Euro-Jobber pflegebedürftige Senioren in den Park schieben oder mit ihnen spazieren gehen – klassische Pflegearbeiten wie Windeln wechseln dürfen sie aber nicht ausführen. In Schulen dürfen 1-Euro-Jobber Lehrer unterstützen, etwa beim Aufräumen. Vertretungsstunden sind aber tabu. Es gibt aber auch widersprüchliche Formulierungen: „Zusätzliche Hausaufgabenbetreuung“ zum Beispiel dürfen die 1-Euro-Jobber durchführen.

Die meisten 1-Euro-Jobs – offiziell Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (MAE) genannt – sind vom ersten Arbeitsmarkt weit entfernt, auch das zeigt die neue Positivliste. Das angebliche Ziel, Menschen mit diesen Jobs wieder in normal bezahlte Stellen zu bringen, führt sich so ad absurdum.

Zurzeit sind in Berlin etwa 13.000 Ein-Euro-Jobber im Einsatz, im Laufe dieses Jahres sollen es 35.000 werden. Die Nachfrage nach diesen Jobs übersteige das Angebot, sagte gestern Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Dies zeige, wie angespannt die Lage am Arbeitsmarkt ist.

Die vollständige Liste unter www.ihk-berlin.de oder www.hwk-berlin.de