Der Wochenendkrimi
: Eine Art Vaterstolz

„Polizeiruf 110: Resturlaub“, Montag (!), 20.15 Uhr, ARD

Dieser Törner ist kein angenehmer Typ. So wie Henry Hübchen seinen ins ewig wolkenverhangene Schwerin versetzten Kommissar spielt, verbreitet er eher Schrecken denn Sicherheit. Sein Aggressionspotenzial ist beängstigend. In der ersten Folge des vor zwei Jahren neu konzipierten Mecklenburger „Polizeirufs“ sah man, wie er wodkabreit im Stroboskopflackern einer Technoklitsche seinen gedrungen Körper hin und her schmiss. In der aktuellen Episode tritt er gleich zu Anfang taub vor Wut auf einen am Boden liegenden Neonazi ein, weil der ihm bei der Verfolgungsjagd den Trenchcoat zerrissen hat. Kollege Hinrichs (Uwe Steimle) wird darauf ins Innenministerium bestellt, um Auskunft über den unbeherrschten Polizisten zu geben.

Kann man sich einen wie Törner eigentlich als gute Seele vorstellen? Autorin Beate Langmaack, die den heiter-grimmigen Tonfall der jüngeren NDR-„Polizeirufe“ vorgibt, und Regisseur Hannu Salonen wagen in „Resturlaub“ das Experiment: Sie hängen dem Griesgram eine kleine Halbkriminelle an. Ein Häftling, den Törner selbst hinter Gitter gebracht hat, bittet ihn vor dem Selbstmord darum, sich um die Tochter zu kümmern. Der Kommissar gibt der Halbwüchsigen 50 Euro und hält die Sache für erledigt. Aber irgendwie kommen die beiden nicht los voneinander. Erst beklaut das Mädchen (Anna Brüggemann als Shirley Maclaine-Variation) den Bullen, dann zieht sie bei ihm ein. Törner murrt und wird weich. Dass sie einen Job als Kurierfahrerin antritt, heißt er gut; dass sie ankündigt unentgeltlich Kleiderspenden nach Litauen zu fahren, findet er super. Da kommt beinahe so was wie Vaterstolz auf. Als er jedoch selbst ins Baltikum reist, um das Mädchen zu überraschen, stellt er fest, dass sie doch nur ein geklautes Auto verschoben hat.

Der gebürtige Finne Salonen, der für seine bisherigen „Tatort“-Produktionen noch keinen eigenen Stil entwickeln konnte, scheint seine Berufung gefunden zu haben. Trübsinnige Eisenbahnfahrten und Taxitouren zu litauischem Schlagermusikkrawall durchs baltische Nirgendwo geben der Episode eine eigene Note. Freunde des gepflegten Täterrätsels werden wieder mal keinen Spaß an diesem Polizeiruf haben. Die Spannung wächst hier aus den Charakteren, nicht aus der Krimihandlung. Recht schön, recht finnisch. CHRISTIAN BUSS