TV-Abend für Unentschlossene

Heute abend um 21 Uhr läuft im WDR-Fernsehen und im ZDF das zweite TV-Duell zur Landtagswahl am 22. Mai. Politikwissenschaftler: CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers muss „aktiver“ werden

VON MARTIN TEIGELER

Angesichts eines sinkenden Vorsprungs in den Umfragen erwarten Beobachter heute einen „anderen“ Jürgen Rüttgers im 2. TV-Duell. Fünf Tage vor der Landtagswahl sollte der CDU-Spitzenkandidat einen besseren Auftritt hinlegen als bei der ersten Fernsehdebatte mit SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück. „Rüttgers muss insgesamt aktiver werden, auch verstärkt seine Mimik und Gestik einsetzen, gerade da wirkte er im ersten Duell sehr passiv“, so die Einschätzung von Politikwissenschaftler Thorsten Faas (Uni Duisburg-Essen) vor der heutigen Fernsehdiskussion (21 Uhr, zeitgleich im ZDF und WDR-Fernsehen).

„Jeder Rüttgers-Auftritt hilft uns“, ist aus der Wahlkampfzentrale der NRW-SPD zu hören. Das erste TV-Duell Anfang Mai hatte Steinbrück nach verschiedenen Umfragen nämlich klar gewonnen. Rüttgers wirkte in dem Fernsehgespräch auf RTL zurückhaltend bis ängstlich. „Es war kein KO-Sieg, denn keiner der beiden Kontrahenten hat einen gravierenden Fehler gemacht“, so Politologe Faas. Der Duisburger Wissenschaftler hat mehrere Studien über die TV-Duelle vor der Bundestagswahl 2002 veröffentlicht. „Die damaligen Duelle haben mobilisiert, das heißt zu einer höheren Wahlbeteiligung geführt“, sagt Faas. Dies könnte auch für den heutigen Fernsehstreit gelten. Weil der Sendetermin so kurz vor der Wahl liegt, könnten „auftretende Effekte tatsächlich bis zum Wahltag reichen und nicht vorher verpuffen“, so Faas. Dies gelte sowohl für die Mobilisierung, als auch für die Wahlentscheidung – letzteres vor allem, wenn sich ein klarer Sieger des Duells ergeben sollte.

Aus dem demoskopischen Chaos der letzten Tage scheint sich ein Trend ablesen zu lassen: Der Vorsprung von Schwarz-Gelb vor Rot-Grün schmilzt. Nach diversen Erhebungen sind zudem zwischen 23 Prozent (Infratest dimap-Umfrage im WDR-Auftrag) und 40 Prozent (ZDF-Politbarometer, Forschungsgruppe Wahlen) der WählerInnen noch unentschlossen, ob und wen sie am Sonntag ankreuzen sollen. Auch der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, spricht von einer „ungewöhnlich hohen Unentschlossenheit und Unsicherheit“ der Wahlberechtigten.

Maybrit Illner (ZDF) und Jörg Schönenborn (WDR) werden die einstündige Debatte zwischen Rüttgers und Steinbrück moderieren. Das um 21 Uhr ausgestrahlte Duell ist nicht live, sondern wird vier Stunden zuvor in der Bochumer Jahrhunderthalle „live on tape“, ohne nachträgliche Schnitte, aufgezeichnet. Ein Sendersprecher begründet die Konserven-Sendung: „Rüttgers hat an diesem Abend eine Veranstaltung mit Helmut Kohl.“

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