kurzkritik
: Religiöser Tanz

Überlebensgroß die Gesichter der TänzerInnen auf der Leinwand: „Wir machen zwölf verschiedenen Stücke, wird das denn funktionieren?“, fragt die Irin Ríonach Ní Neíll. Aus der Not machte der Bremer Choreograph Urs Dietrich für das neue Stück des Tanztheaters Tag.Nacht eine Tugend: „Es ist ein Stück auf der Suche nach einem Stück.“

Ursprünglich wollte die zehnköpfige Truppe in den Schutzbunker unter dem Domshof. Als das nicht klappte, ging man in den Dom. Doch auch hier zerschlug sich die Realisierung, man landete im spröden und öden Schauspielhaus. Was mitzog, war die Beschäftigung mit den ursprünglichen Spielstätten und der Religion, zentrales Element wurden filmische Interviews mit den TänzerInnen und verschiedenen Gebäuden in Bremen. Die Bilder lösten den wirklichen Tanz vor ihnen aus, in zum Teil bestechender Stringenz ging beides ineinander über, der Film geriet zu einem Teil der musiklosen Choreographie – mit vielen intensiven individuellen Partien. Der Tanz selbst ist – wie die Religion – Lebenssinn, die Bühne ein „heiliger Ort“, wie es Dietrich einmal ausdrückte. Ein durch und durch mutiges Stück – und: ein ganz neuer Urs Dietrich in seinem zehnten Jahr in Bremen. Ute Schalz-Laurenze

Tag.Nacht, Schauspielhaus, nächste Aufführungen: 17. 5., 14. 6., 3. und 8. 7.