Zu dick trotz Sport

Mehr Sport ist nicht das Allheilmittel gegen dicke Computer-Kids, sagt eine Studie der Bremer Uni. Beweis: die sportbetonte Grundschule Rönnebeck

Bremen taz ■ Die Klagen sind nicht neu: Viele Schüler sind zu dick, können weder Balancieren noch Rückwärtslaufen, hocken zu viel vor dem Computer. Mehr Bewegung soll die Lösung bringen – „doch so einfach ist das nicht“, sagt Lutz Müller von der Universität Bremen. Gerade hat der Sportwissenschaftler 160 Kinder aus der „sportbetonten“ Grundschule Rönnebeck auf Kondition und Koordination getestet.

„Mehr Sport ist gut“, so das Ergebnis Studie – „aber aber die Fortschritte fallen nicht so deutlich aus wie erwartet“. Zudem brauchen selbst die SchülerInnen in Rönnbeck „länger als erwartet“, um auf gute sportliche Leistungen zu kommen. Es dauere nicht nur ein, sondern mindestens drei bis vier Jahre, ehe sich überhaupt ein Effekt des vermehrten Schulsports messen lasse, resümierte der Sportwissenschaftler. Über die Gründe lasse sich nur „spekulieren“, sagt Müller. „Vielleicht waren wir zu optimistisch.“ Angesichts eines Budgets von nur 2.000 Euro habe er keine Ursachenforschung betreiben können.

Gemessen wurden in der Studie insgesamt sechs Disziplinen, darunter Zielwerfen, 20-Meter-Rennen, Medizinball-Weitstoß, Hindernis- sowie Dauerlauf über sechs Minuten. Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer entwickeln sich dabei je nach Alter oder Geschlecht, fand Lutz heraus – „und zwar weitgehend unabhängig vom Unterricht“.

Die Schule sei also in erster Linie dort gefragt, wo es um Präzision und Koordination gehe. Doch gerade hier scheint sie zu versagen: Im Zielwerfen etwa nehme die Genauigkeit mit zunehmendem Alter der Kinder nicht etwa zu – sondern ab, gerade bei den Jungen. Müller: „Hier muss in Zukunft noch gezielter unterrichtet werden.“

Trotz solcher Mängel befürwortet Müller weiterhin das Modell der sportbetonten Grundschule. 200 Minuten Schulsport stehen dort jede Woche auf dem Lehrplan – reguläre Schulen kommen nur auf 90 Minuten. Die Turnhallen stehen auch in den Pausen offen, einmal in der Woche wird eine „Bewegungslandschaft“ aufgebaut, für alle Klassen wird „Bewegung nach Musik“ unterrichtet. Hinzu kommen Sportspiele – für übergewichtige SchülerInnen.

„Das ist der richtige Weg“, findet Müller – auch für andere Schulen. Nichtsdestotrotz müssten alle sportlichen Aktivitäten „sehr genau“ auf ihre Wirkungen untersucht werden. Die seien noch weitgehend unbekannt, sagt Müller. Deshalb sollen jetzt Langzeituntersuchungen folgen.

Jonas Zahl