„Konfliktkurs FDP“

taz: Herr Fücks, woran ist die Ampel-Koalition zerbrochen?

Ralf Fücks (Grüne), Ex-Umweltsenator: Am Ende waren die politischen und persönlichen Gegensätze größer als die Gemeinsamkeiten. Der Sache nach ging es vor allem um Konflikte zwischen einer expansiven Gewerbeflächenpolitik und unseren ökologischen und urbanen Konzepten zur Stadterneuerung.

War die Koalition nach der so genannten Piepmatz-Affäre noch zu retten?

Nein, mit dem Misstrauensvotum wurde der Konflikt auf die Spitze getrieben. Wenn der Kollege Claus Jäger sagt, danach sei die Koalition noch zu retten gewesen, ist das lächerlich: für ihn war die „Piepmatzaffäre“ der Hebel, um die Ampel zu sprengen. Dafür hat die FDP dann bei der Neuwahl bezahlt – eine Art ausgleichender Gerechtigkeit.

Warum haben Sie die Ampel gegründet?

Es ging um einen Aufbruch der langen Monopolherrschaft der SPD. Die FDP kam wie wir aus der Opposition, da lag es nahe, gemeinsam dem SPD-Filz zu Leibe zu rücken. Wir wollten mehr Offenheit und Bürgerbeteiligung in der Politik, mehr Transparenz bis hin zur Besetzung öffentlicher Stellen. Mit der Transparenz haben wir vielleicht etwas übertrieben – alle Konflikte in der Koalition wurden öffentlich ausgetragen.

Überwiegen die Erfolge oder Misserfolge der Koalition?

In der Sache war die Ampel besser als ihr Image. Die Große Koalition profitierte noch jahrelang von Projekten, die von der „Ampel“ angeschoben wurden – zum Beispiel von unserem Konzept „Stadt am Fluss“.

Wann war das Verhältnis unter den Parteien irreparabel?

Einen ersten Knacks gab es bei dem Konflikt um die Hemelinger Marsch. Irreparabel wurde der Bruch mit dem Misstrauensvotum, das ja auch von Teilen der SPD gestützt wurde. Die Grünen quälten sich zwar oft mit der Ampel, aber wir wollten sie nicht sprengen.

Warum?

Unser politisches Gewicht wuchs in der Regierung. Wir haben gezeigt, dass wir frischen Wind in die Bremer Politik bringen können.

In der Rückschau: Welche Fehler haben Sie dabei gemacht?

Ich hätte damals gelassener sein müssen, gegenüber dem Erwartungsdruck der grünen Basis wie gegenüber dem Konfliktkurs der FDP, speziell des Kollegen im Wirtschaftsressort. Heute weiß ich, wie wichtig ein stabiles Führungsteam in einer Koalition ist. Man muss den gemeinsamen Erfolg suchen.

Haben Sie es je bedauert, diese Koalition eingegangen zu sein?

Nein, ich finde es immer noch einen richtigen Versuch, mit neuen Konstellationen Politik zu verändern, und die Kombination von Ökologie, Liberalität und sozialer Verantwortung bleibt eine reizvolle Idee. Aber die FDP wird dafür nicht mehr gebraucht.

Ralf Fücks (53, Foto unten), Sozialwissenschaftler, zunächst Lehrbeauftragter an der Uni Bremen, engagierte sich im Kommunistischen Bund Westdeutschlands, schloss sich 1982 den Grünen an. 1985 Nachrücker in die Bürgerschaft, 1989 Bundesvorstandssprecher der Grünen, 1991 Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung, 1995 abgewählt, danach noch bis 1999 in der Bürgerschaft. Seit 1996 Geschäftsführer der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung.