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SHEILA MYSOREKAR POLITIK VON UNTENMultireligiöse Ostereier

Der Islam ist wegen seiner Feiertage äußerst arbeitnehmerfreundlich. Ärgerlich für die CDU

Für deutsche Arbeitnehmer ist es wirklich zu bedauern, dass Christian Wulff nicht mehr Bundespräsident ist. Er hat der arbeitenden Bevölkerung nämlich großartige Möglichkeiten für freie Tage eröffnet. Wie? Ganz einfach: Wulffs Vermächtnis ist der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland.“ Liebe Arbeitnehmer, ergreift diese Chance – sagt aus ganzem Herzen Ja dazu! Wenn der Islam sozusagen zu den amtlichen Religionen Deutschlands gehört, bedeutet das mindestens zwei Feiertage mehr im Jahr – für uns alle! Dann feiern wir nämlich nicht nur Weihnachten, sondern auch Id-ul-Fitr und das Opferfest. Nur deswegen besteht die CDU/CSU hartnäckig darauf, dass Deutschland ein christliches Land sei: Da stehen einfach die Arbeitgeber dahinter, die nur Weihnachten, Ostern und Allerheiligen freigeben wollen, also das absolute Minimum an religiösen Feiertagen. Aber wenn man andere Religionen dazunimmt, dann wird es richtig gemütlich für uns Arbeitnehmer, das gibt locker ein Dutzend Feiertage mehr im Jahr.

Wer denkt, dass das nicht geht, der sollte sich mal den offiziellen Feiertagskalender von Indien anschauen. Von 14 religiösen Feiertagen sind da vier hinduistisch, vier muslimisch, drei christlich, einer buddhistisch, einer für die Jains und einer für die Sikhs. Frei haben natürlich immer alle, unabhängig von ihrer Religion. Kinder, die in eine jüdische oder eine Parsi-Schule gehen, haben zusätzlich noch an deren Feiertage frei. Überhaupt wissen indische Kinder ganz genau, dass religiöse Vielfalt nur positiv für sie ist. Das bedeutet nämlich, dass man reihum bei Schulkameraden Süßigkeiten abgreifen kann – bei dem Muslim zu Id, bei dem Hindu zu Diwali und bei dem Christen die Ostereier.

Wenn die deutschen Kinder das erst mal begriffen haben, wird die nächste Generation Deutschland umgehend zum multireligiösen Land ausrufen. Dann können wir mit den Juden Chanukka feiern, mit den Muslimen den Geburtstag des Propheten, mit den Buddhisten den Geburtstag von Buddha und mit den Christen Jesu Geburtstag. Ich meine: Weihnachten. Außerdem könnte man öfters zu Neujahr freihaben – erst mal wie immer am 1. Januar, aber wir könnten auch alle im Frühjahr das kurdische Neujahr Newroz feiern und dann noch mal das chinesische Neujahr im Oktober und obendrein das islamische Neujahr im November. Die Böllerindustrie würde angekurbelt, das freut die Liberalen. Die Kinder haben schulfrei, das fördert den Familienzusammenhalt, sollte also auch der CDU gefallen. Und für die SPD hier der Tipp: Religionsvielfalt ist äußerst arbeitnehmerfreundlich.

Die Autorin ist Journalistin und in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Foto: F. Bagdu

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