Baurecht alleine hilft nicht

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat die Räumung des Heisenhofs in Dörverden angeordnet. Dessen Betreiber, den rechtsextremistischen Anwalt Jürgen Rieger, wird das allerdings kalt lassen

von Andrea Röpke
und Andreas Speit

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat entschieden. Die „Wohnnutzung“ auf dem Heisenhof bei Dörverden ist „nicht rechtsmäßig“, erklärte das Gericht kurz vor Pfingsten – damit müssten die Rechtsextremisten um den Hamburger Neonazianwalt Jürgen Rieger den Heisenhof verlassen. Rieger wird die Entscheidung allerdings wenig beeindrucken: Das Gericht hatte die fehlende Kanalisation bemängelt. Um diese nun einzubauen, hat Rieger bereits einen Bauantrag gestellt – neben diversen anderen Anträgen, um auf dem Heisenhof eine Mischnutzung aus Wohnen, Bildungszentrum und Fruchtbarkeitsforschung ganz legal betreiben zu können.

„Die Bauanträge sind vollständig“, sagt Roland Butz, stellvertretender Oberkreisdirektor in Verden. Ende 2004 noch hatte der Landkreis die Prüfung aufgrund fehlender Unterlagen ablehnen können. Nun muss die Behörde voraussichtlich nach „formalen Kriterien“ die Baupläne bewilligen. „Das Baurecht ist nicht das richtige Mittel, um gegen eine Gesinnung vorzugehen“, so Butz.

Dabei hielt es Rieger nie für nötig, auf die Entscheidung des Gerichts über die rechtmäßige Nutzung des Heisenhofs zu warten: Bereits am Himmelfahrtswochenende trafen sich über 40 Mitglieder der „Artgemeinschaft“ auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände. Die Männer, in Hemd und Bundhose, rissen Gestrüpp von den Gebäuden und die Frauen kümmerten sich um die Kinder. Als ein Treffen der neonazistisch-heidnischen Gruppe, der Rieger seit Jahren vorsteht, will er das aber nicht verstanden wissen. Es sei bloß ein „Arbeitseinsatz“, so Rieger. Anwohner der kleinen Gemeinde beobachteten allerdings, dass die Rechten bis weit in die Nacht feierten. Die Polizei zeigte erst Präsenz auf Nachfrage von Journalisten. Vor Übergriffen bewahrte sie jedoch nicht: Als zwei Journalisten das Treffen dokumentieren wollten, griffen die Rechten sie an. Kopfverletzungen und Prellungen waren die Folge.

Dabei war das nicht der erste Übergriff von „Heisenhofern“. Ende 2004 fuhr einer der Hofbewohner einen Fotografen an, als dieser eine Verteilaktion vor der Gesamtschule Dauelsen aufnahm. Etliche Heisenhof-Gäste wie Marcus Winter, Chef der früheren Kameradschaft „Weserbergland“, sind vorbestraft. 2003 verurteilte das Amtsgericht Rinteln Winter wegen Misshandlung eines Schülers zu einer Haftstrafe. Zurzeit ist Winter, der NPD-Vorsitzender Schaumburg/Hannover ist, unter Bewährungsauflagen entlassen, die ihm untersagen sich mit seiner Kameradschaft zu treffen. Prompt nannten sich diese in „Aktionsbüro Schaumburg“ um.

Zusammen mit Arwid St., verurteilt wegen Körperverletzung, besuchte Winter den Heisenhof. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft erneut gegen den Jugendlichen St., da er mit Marco S. am 14. Januar in Rehburg-Loccum einen 15-jährigen Türken schwer zusammengeschlagen haben soll.

Schon in Hetendorf, wo Rieger bis 1998 ein Neonazizentrum unterhielt, kam die “Artgemeinschaft“ zusammen. Die Gruppe, die nach eigenen Angaben 1.000 Mitglieder hat, feiert aber nicht bloß vermeintlich heidnische Rituale. Ihr „Sittengesetz“ schreibt vor, eine „gleichgeartete Gattenwahl“ zu treffen, um „gleichgeartete Kinder“ zu zeugen. „Die Artgemeinschaft ist kein ‘Schönwetterverein‘“, heißt es im Selbstverständnis, sondern ein „Kampfverband“, der gegen den „aufgezwungenen Orientalismus“ antritt, um den „nordischen Menschen“ zu befreien.