„Vorliebe für schwere Kost“

Gespräch über „Die Verfeinerung der Deutschen“

■ 53, gelernter Metzger und Koch, hat gerade das Buch „Die Verfeinerung der Deutschen“ (Insel Verlag) veröffentlicht.  Foto: Verlag

taz: Herr Seitz, kann uns das, was Menschen als Mahlzeit zubereiten, etwas sagen über ihre Sicht der Welt?

Erwin Seitz: Eine Antwort darauf muss spekulativ bleiben. Friedrich Nietzsche sah in seinem Spätwerk „Ecce homo“ einen Zusammenhang zwischen den plumpen Deutschen und deren Vorliebe für schwere Kost. Doch so schlecht wurde hierzulande nie gegessen, wie es das Klischee will.

Schreiben übers Essen … wie viel Raum nimmt denn bei Ihnen, als gelernter Koch, noch die Praxis ein – das Kochen?

Nun, hauptsächlich bin ich heute ein Schreiber. Wenn ich daheim koche, dann eher schlicht. Dann und wann lade ich Freunde am Wochenende bei mir zum mehrgängigen Dinner ein.

Sie schreiben: „Das A und O der Lebenskunst ist die Abwechslung.“ Kommen Sie selbst noch dazu, Neues auszuprobieren?

Im Moment probiere ich verschiedene Öle aus. Nach der kulinarischen Italienwelle der 1980er Jahre waren wir alle auf das Olivenöl fixiert. Jetzt macht es mir Spaß, geröstetes Mandelöl über die Pasta zu gießen oder Schwarzkümmelöl über die gestampften Kartoffeln. Demnächst will ich mit Gewürzen ein wenig experimentieren.

Gibt es in Deutschland das gerne kolportierte Nord-Süd-Gefälle noch, was die kulinarische Verfeinerung angeht?

Wenn Sie in die Restaurantführer schauen, dann sehen Sie immer noch so etwas wie die Limes-Linie. Westlich und südlich davon, wo Wein angebaut wird und viele Leute katholisch sind, gibt es mehr Sterne als nördlich und östlich. Allerdings sind gerade im aktuellen „Michelin“ auffällig viele neue Lokale im Norden und Osten ausgezeichnet worden.INTERVIEW: ALDI

„Philosophisches Café“ mit Erwin Seitz: 19 Uhr, Literaturhaus