Der das Licht brennen lässt

Hamburgs Ex-Bürgermeister Henning Voscherau geht den Weg vieler konservativer Sozialdemokraten und heuert bei der Wirtschaft an. Wie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder soll er für ein Projekt des staatlichen russischen Energiekonzerns Gazprom arbeiten: Während Schröder dem Aktionärsausschuss des Pipeline-Projekts North Stream vorsitzt – einer Gasleitung durch die Ostsee – soll Voscherau die Schwarzmeer-Gaspipeline South-Stream vorantreiben. „Wir sind überzeugt, dass die Erfahrung und Autorität von Henning Voscherau helfen wird, dieses wichtige Projekt erfolgreich zu realisieren“, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller.

Der 70-jährige Voscherau ist 2011 aus seinem Beruf als Notar ausgeschieden und hätte Zeit, den Aufsichtsratsvorsitz des Pipeline-Konsortiums zu übernehmen. Von politischen Ämtern hat er sich ferngehalten, seit er 1997 nach einem schlechten Wahlergebnis darauf verzichtet hat, nochmal Erster Bürgermeister zu werden. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, sich in die politischen Debatten einzumischen. 1998 schloss er sich den Euro-Kritikern an und forderte eine Volksabstimmung über die neue Währung. 1999 kritisierte er den Krieg gegen Jugoslawien als völkerrechtswidrig. Sein streng rechtliches Denken machte es ihm aber auch schwer, in den 80er Jahren einen Kompromiss mit den Hafenstraßen-Besetzern mitzutragen.

Voscherau kokettiert mit seinem Arbeitseifer und seiner Detailkenntnis. Den ehemaligen Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der sich eher für die großen Linien verantwortlich fühlte, ärgerte er mit der Bemerkung: Früher habe im Amtszimmer des Bürgermeisters abends um zehn noch das Licht gebrannt. Sein Wort hat in der Stadt noch immer Gewicht.

Unter Voscheraus Ägide wurden die Hafenstraßenhäuser an eine Genossenschaft verkauft, das Feierabendparlament abgeschafft und der Bürgermeister mit mehr Macht ausgestattet. Außerdem hat er die Hafencity auf den Weg gebracht. KNÖ