Ein Museum klingt aus

Im Keller der Musikhalle können Schüler von der Tuba bis zur Harfe rund 100 Instrumente ausprobieren. Im Winter droht dem Museum das Ende

„Das Alphorn ist aus Holz. Wenn man es bläst, kribbelt esin den Beinen“

Von Kaija Kutter

Als der Dirigent Gerd Albrecht ein kleiner Junge war, leitete sein Vater ein Musikmuseum in Berlin. Die teuren Instrumente wurden von Wärtern bewacht und durften von neugierigen Kindern keinesfalls berührt werden.

Dieses Erlebnis verleitete den einstigen Generalmusikdirektor der Staatsoper dazu, einen Kindheitstraum zu verwirklichen, als er 1998 in den Ruhestand ging. Mit seinem eigenen Geld schaffte Albrecht zahlreiche Instrumente an und eröffnete für Hamburgs Kinder in den Kellerräumen der Musikhalle das weltweit erste „Klingende Museum“.

„Wir zaubern den Kinder hier glückliche Augen ins Gesicht“, schwärmt Geschäftsführerin Bettina Fellinger bei einer Führung durch die Räume. Zunächst waren es nur 48, inzwischen sind es 260 Schulklassen im Jahr, die dort von Musikstudenten mit den 100 Instrumenten vertraut gemacht werden. Dabei werden die Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt und dürfen nacheinander von Oboe über Tuba bis hin zu Harfe, Geige und Schlagzeug alle ausgestellten Instumente einmal spielen. Der schönste Moment, so Fellinger, sei, wenn die Kinder zum Schluss ihre zwei Lieblingsinstrumente nennen sollen. „In jeder Klasse bekommen wir ein richtiges Orchester zusammen.“ Dabei erlebe sie durchaus Überraschungen, zum Beispiel, dass kräftige große Jungen die zarte Harfe wählen. Wieder zu Hause würden so manche Kinder aus amusikalischen Familien bei ihren Eltern das Erlernen des Trompetenspiels durchsetzen.

An den Wänden hängen Briefe der Kinder. „Das Alphorn ist aus Holz. Wenn man es bläst, kribbelt es in den Beinen“, steht auf einem Blatt mit Filzstift geschrieben. „Wir sind ein wichtiges Angebot, wie Schulschwimmen“ ergänzt Museumsunterstützer Markus Franke. Viele Kinder aus Problemstadtteilen hätten noch nie eine Tuba oder Harfe gesehen. „Für die ist das ein Besuch auf einem anderen Stern.“

Gestern nun wandten sich Fellinger und Franke mit einem dramatischen Apell an die Öffentlichkeit: „Wenn nichts passiert, ist das Museum im Winter zu.“ Denn Sponsor Albrecht, der das Museum mit insgesamt 325.000 Euro finanzierte, wird im Sommer 70 Jahre alt und will nicht mehr so viel dirigieren. Deshalb plant er, sich zurückzuziehen, was er Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) bereits im Januar mitteilte. „Die Sache brennt“, sagt Fellinger. Zwar stelle die Stadt kostenlos die Räume und das Museum erhöhe demnächst den Eintritt von 3 auf 4,50 Euro. Dennoch könne der Unterhalt samt Honoraren und Instrumentenpflege nicht ohne die bislang von Albrecht jährlich gezahlten 60.000 Euro beglichen werden.

„Wir machen hier die Arbeit auch für die Schulen“, ergänzt Franke und fordert, dass sich der Senat „als Ganzes“ für diese „Perle der Kinder- und Jugendkultur“ einsetzt. Doch Gespräche mit der Bildungsbehörde gebe es darüber leider nicht. Und auch der Brief Albrechts an die Kulturbehörde blieb bislang ohne Antwort. Deren Sprecher Björn Marzahn erklärte gestern, man sei „im Gespräch“, könne jedoch „künftig nicht mehr gezahlte private Mittel“ auch nicht abdecken.

An Samstagen können auch Familien das Museum besuchen. Infos und Ameldung unter ☎35 75 23 44 oder www.klingendes-museum.de