MALTE KREUTZFELDT ÜBER DIE STOCKENDEN KLIMAVERHANDLUNGEN
: Führungslos ins Klimachaos

Immerhin sind sich mal alle einig: Die einwöchigen Klimaverhandlungen in Bonn hätte man sich genauso gut sparen können. Das sagen Vertreter von Vereinten Nationen, Regierungen und Umweltverbänden gleichermaßen. Einem neuen Klimaabkommen, das im Dezember in Kopenhagen verabschiedet werden soll, sind die gut 2.000 Delegierten keinen Schritt näher gekommen. Stattdessen wird nun erstmals offen über ein mögliches Scheitern des Kopenhagen-Gipfels gesprochen, was für den Klimaschutz eine Katastrophe wäre.

Das Scheitern von Bonn macht deutlich, dass es im Klimaschutz derzeit an politischer Führung fehlt – bei allen Beteiligten. Europa hat seine Führungsrolle verspielt, weil es die zugesagten Gelder, mit denen die Entwicklungsländer unterstützt werden sollen, bisher nicht konkretisiert hat und diesen Ländern damit einen guten Grund liefert, sich mit eigenen Klimaschutzzielen zurückzuhalten.

Die USA haben die hohen Erwartungen, die durch die Wahl Barack Obamas ausgelöst wurden, bisher nicht erfüllt. Mit Verweis auf mögliche Widerstände im Kongress lehnen ihre Unterhändler weitergehende Verpflichtungen kategorisch ab. Ändern kann dies nur Obama selbst. Politische Führung bedeutet schließlich auch, Dinge, die als notwendig erkannt sind, im eigenen Land auch gegen Widerstände durchzusetzen und Mehrheiten zu organisieren.

Auch in Europa wird es Fortschritte nur geben, wenn das Thema von der EU-Bürokratie wieder auf die politische Führungsebene gehoben wird. In Deutschland ist davon aber nichts zu sehen: Zum UN-Gipfel der Staats- und Regierungschefs, der den Verhandlungen im September neuen Schwung verleihen soll, will Kanzlerin Angela Merkel gar nicht erst anreisen. Wahlkampfauftritte – in denen sie sich als Klimaschützerin inszenieren kann – sind offenbar wichtiger.