The Nordic Connection

SMÖRGASMORD Thriller aus dem Norden werden gerne in Hollywood nachgemacht. So „Contraband“ von Baltasar Kormakur und vielleicht „Headhunters“ von Morten Tyldum

Die amerikanischen Studios reizt das Raue und der unverbrauchte Umgang mit den Genres bei Spielfilmen aus dem Norden

VON WILFRIED HIPPEN

Den Hund haben sie leben lassen! Das war dann wieder typisch für das amerikanische Kino. Haustiere dürfen dort nun mal nicht sterben. Ansonsten hatte sich Christopher Nolan mit dem Remake von Erik Skjoldjaergs düsterem Thriller „Insomnia“ von 1998 große Mühe gegeben und ihm mit Robin Willams sowie Al Pacino auch noch eine Starbesetzung verpasst. Aber ganz konnte selbst er die Hollywood-Politur nicht vermeiden. Dabei reizt die amerikanischen Studios ja gerade das Raue und der unverbrauchte Umgang mit den Genres bei vielen Spielfilmen aus dem Norden. David Fincher hat vor Kurzem den ersten Roman von Stieg Larson mit dem amerikanischen Titel „The Girl with the Dragon Tattoo“ neu verfilmt und die dänische Junkie-Serie „Pusher“ war den Amerikanern zwar bisher noch zu dreckig, aber deren dänischen Regisseur Nicolas Winding Refin ließen sie mit „Drive“ einen ähnlich fatalistischen Thriller drehen, für den dieser dann auch prompt in Cannes prämiert wurde.

Das neuste Produkt dieser Verbindung zwischen dem Norden und Hollywood ist „Contraband“, ein Thriller über Schmuggler, der auf dem isländischen Film „Reykjavik-Rotterdam“ von 2008 basiert und von dem damaligen Hauptdarsteller und Produzenten Baltasar Kormákur inszeniert wurde. Vom Original blieb nur die Grundidee übrig, statt Alkohol wird jetzt Falschgeld und natürlich Drogen geschmuggelt und der Film müsste eigentlich „New Orleans-Panama“ heißen. Mark Wahlberg spielt darin den „Houdini der Schmuggler“ Chris, der sich inzwischen zur Ruhe gesetzt hat und mit ehrlicher Arbeit Frau und Kinder ernährt, bis sein Schwager beim Schmuggeln patzt und Schulden an die Drogenbarone der Stadt zurückzahlen muss. Eine typische „Tat aus noblen Motiven“ also, und dieses starke dramaturgischer Treibmittel nutzt Kormákur mit einem guten Gespür für die Konventionen und Reize des Genrekinos. Auch wenn der Plot sich noch absurder entwickelt als das Original und die Schmuggler in Panama-City nebenbei auch noch in einen blutigen Überfall auf offener Straße geraten, ist der Film durchweg spannend und mit Mark Wahlberg in der Hauptrolle sowie Giovanni Ribisi als geiferndem Fiesling so gut besetzt, dass man schnell aufhört, das Remake mit der Vorlage zu vergleichen und mehr kann man kaum verlangen. Eine der raffinierten Schmuggelmethoden ist übrigens von Sergio Leones „Once Upon a Time in America“ abgekupfert – ein vieldeutiges Zitat.

In ein paar Jahren könnte es auch eine amerikanische Version von „Headhunters“ geben. Die Bücher des Norwegers Jo Nesbo haben jene des Schweden Stieg Larssson in den internationalen Bestsellerliste ersetzt und dies ist die erste Adaption eines dieser Roman, deren Alleinstellungsmerkmal ihre bizarre Grausamkeit ist. Der norwegische Regisseur Morten Tyldum ist aber klug genug, in einem ganz anderen Ton zu beginnen. Der Protagonist Roger scheint auf den ersten Blick eher einer der kultivierten amoralischen Helden aus einem Roman von Patricia Highsmith zu sein. Der Manager ist darauf spezialisiert, Talente bei anderen Firmen abzuwerben und arbeitet nach Feierabend noch als geschickter Kunstdieb, um seiner schönen, blonden, hochgewachsenen Frau ein teures Leben zu finanzieren. „Ich bin nur 1,68 groß, das sagt wohl alles“, ist einer seiner ersten Sätze im Off, aber seine selbstverliebte Geschwätzigkeit wird bald beendet, denn er gerät schnell an den falschen und wird bald von dem Holländer Clas verfolgt, der versucht, ihn auf äußerst fantasievolle Weise umzubringen.

Im zweiten Akt wird kaum ein Wort gesagt, stattdessen wird Roger äußerst effektiv malträtiert und da er sich zuvor so eitel präsentierte, gönnt man ihm den demütigenden und zum Teil übelriechenden Leidensweg, bei dem er sich aber als ein erstaunlich talentierter Überlebenskünstler erweist. Das Netz der Intrigen ist wie im Gerne gewohnt labyrinthisch, keiner ist, wer er vorgibt und Tyldum inszeniert mit einem bösen Humor, der dies zu einer der bisher besten Komödien der Saison macht. Auch hier muss übrigens ein Hund dran glauben – doch auch ihn würde Hollywood wohl wieder auferstehen lassen.