schurians runde welten
: Ein Knackarsch für Bochum

„Wer dem Fußball so viel verdankt wie ich, muss auch einmal da hingehen, wo die Sonne nicht so scheint“ (Lothar Matthäus)

Von prominenten Fußballern wissen wir Dinge, die wir nicht einmal von unseren Lebenspartnern wissen wollen: Wenn sich etwa Lothar Matthäus morgens die Zähne putzt, ist er nackt und achtet auf seine Pobacken. Als er seinen „40-jährigen Traumkörper“ für Bild entblätterte, verriet der Franke diese Lebensregel: Vor dem Waschbecken den Arsch zusammenkneifen. Mache einen „knackigen Po“. Und mit solchen intimen Details ist aus dem Hausmeistersohn die Knallcharge der Branche geworden; nicht wenige freuen sich, dass er im fernen Ungarn Nationaltrainer ist. Doch das könnte sich rasch ändern.

Denn Matthäus ist im Gespräch als Trainer des VfL Bochum. Beim letzten Heimspiel kroch das Gerücht durch die Ostkurve, gestreut von Mitarbeitern des Revierclubs: Die Verpflichtung des Rekordnationalen sei „zu 90 Prozent in trockenen Tüchern“. Aus Angst vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit der Zweiten Liga, setze die VfL-Spitze im Weltmeisterschaftsjahr auf einen Prominenten, ach was, den Fußballprominenten. Der garantiere volle Hütte und eine mehrseitige Presseschau.

Weil auch die Mannschaft davon Wind bekam, spielte sie am vergangenen Samstag erst Stuttgart schwindelig, dann sprachen die Wortführer beim Absteiger Treueschwüre für Neururer, dabei hatte der sich mit dem Vereinspräsidenten längst auf den Abgang geeinigt. Und weil auch die hiesige Lokalpresse einen Zweitligatrainer aus Dänemark dem exhibitionistischen Weltmeister vorzieht, trommelt die Presse für Ove Pedersen.

Doch es wird leider anders kommen – und das steht so geschrieben: Guido Schröter, einst Cartoonist des Hamburger Fußballuntergrunds, malt seine an Schwulencomics von Ralf König erinnernden Kicker-Strips mittlerweile für die Süddeutsche Zeitung und das Stadionmagazin des VfL Bochums. Er muss ein drittes Auge haben.

Zum Bochumer Abstiegsendspiel erschien seine Bildergeschichte über ein fiktives Gespräch zwischen Mainz-Coach Jürgen Klopp und Bochums Neururer. Klopp betet Statistiken herunter, wie der VfL am besten zu packen sei. Die Schlusspointe setzt Neururer: „Aber alle sechs Jahre schießen wir mal sechs Tore in einem Spiel – und das ist heute“; die Anzeigetafel zeigt dazu ein 6:2. Schröter hatte bekanntlich fast Recht. Nur umgekehrt.

Dennoch durfte der Zeichner auch zum letzten VfL-Heimspiel zur Feder greifen. Sein Dialog auf der Fantribüne ist nicht weniger prophetisch: Fan A.: „René Descartes sagte: Ich denke, also bin ich.“ Schweigen. Fan B.: „Du meinst, Lothar Matthäus gibt‘s in Wirklichkeit gar nicht?!?“ Fan C. denkt: „Das beruhigt mich aber...“ Also: Willkommen, Herr Matthäus! CHRISTOPH SCHURIAN