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Diesem Wahlkampf fehlen bisher noch die großen Themen – davon profitiert die Union

VON SEBASTIAN HEISER

Etwas in diesem Wahlkampf stimmt nicht. Überraschend viel wird darin gesprochen über das Dekolleté, das CDU-Kandidatin Vera Lengsfeld auf ihren Plakaten in Friedrichshain-Kreuzberg zeigt. Das ist natürlich ein legitimes Thema. Aber gleich bundesweit und so umfangreich?

Die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten spielt dagegen eine ärgerlich geringe Rolle im Wahlkampf und in der öffentlichen Debatte. Dabei bietet sie sich eigentlich an. Schließlich geht es etwa um die Frage, wer für die Krise zahlen soll. Oder was eigentlich die Ursachen der Krise sind und welche Schlussfolgerungen wir aus ihr ziehen. Dabei werden auch wieder stärkere Unterschiede zwischen den Parteien wahrnehmbar. Der Vorwurf, dass es doch eh keinen Unterschied mache, wer die Regierung stellt, stimmt jetzt jedenfalls noch weniger als sonst.

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Dabei ist SPD-Mann Björn Böhning der eigentliche Herausforderer in dem Wahlkreis, der zweimal hintereinander Hans-Christian Ströbele wählte. Böhning ist links, als einstiger Juso-Sprecher überregional bekannt, und er setzt auf Plakate mit Inhalten: kostenlose Bildung zum Beispiel und bessere Arbeit.

Doch Lengsfeld erregt mehr Aufmerksamkeit. Das nützt der Union. Die kann voll auf den Kanzlerinnenbonus setzen. Wenn Merkel diesen Wahlkampf gewinnen will, muss sie einfach nur jeder Kontroverse aus dem Weg gehen. Doch damit sollten die Wähler sie nicht durchkommen lassen. Wahlkampf hätte so viel mehr zu bieten als inhaltsleere Plakate.