blattschluss nrw?
: RheinRuhrFeldWaldWiesenPresse

Selbst die Landesregierung ist besorgt über den „Konzentrationstrend“ auf dem Zeitungsmarkt in NRW. Was der bedeutet, beschreibt taz-Medienredakteur Steffen Grimberg

„Müntefering läßt SPD-Linke abblitzen“ – „Müntefering verschärft Kritik nicht“ – „Abkommen für Arbeitsplätze“. Schlagzeilen von Rhein und Ruhr, erschienen gestern in den Meinungsführerpublikationen von der Kölnischen Rundschau bis zu den Ruhr Nachrichten. Am vorletzten Tag vor dem ganz großen Rumms. Woher kommt diese Langeweile? Mal ehrlich: So was liest man, weil man muss. Oder nichts besseres gewöhnt ist. Der Pokal für die banalste Feststellung ging übrigens an die Schlagzeile: „Parteispitzen beim Schlussspurt im Kampf um jede NRW-Wählerstimme“ – ja was denn sonst, liebe WAZ?

Über Politik kann man ja streiten. Bei den Zeitungen sieht das anders aus: Nach mehr als 50 Jahren RheinRuhrFeldWaldWiesenPresse ist es höchste Zeit für einen Wechsel. Basta.

Denn die meisten Blätter haben sich gemäß der landes- und kommunalpolitischen Realitäten mit der herrschenden Bleischwere aus rechter NRW-SPD bzw. SPD-naher NRW-CDU derart arrangiert, dass von ihnen längst kein „Ruck“ mehr ausgehen kann. Es blieb ihnen vielleicht nichts anderes übrig. Der Strukturwandel schweißte alle in NRW-Loyalität zusammen, letzte wahrnehmbare Unterschiede nivellierte der „Dortmunder Konsens“. Für eine aufregende Presselandschaft ist das zu wenig.

Heute beklagen Verleger, Chefredakteure und WissenschaflerInnen immer wieder abnehmende Reichweiten, rückläufige Lesezeiten, die mediale Konkurrenz. Doch die Frage, ob die Zeitung vielleicht einfach auch nur zu langweilig geworden ist, stellt niemand.

Dabei ist längst beantwortet: Als die Süddeutsche Zeitung aus München 2002 ihren täglichen NRW-Regionalteil startete, stieg die Auflage innerhalb kurzer Zeit fünfstellig. Die Lokalmatadoren rieben sich überrascht die Augen: Hilfe, hier kam echte Konkurrenz. Die WAZ-Gruppe grätschte auf ihre Art dazwischen: Ihre Trägerdienste hatten die SZ bislang gegen Gebühr mit verteilt. Der Deal wurde storniert, die SZ musste in Windeseile und mit horrenden Kosten ein eigenes Vertriebsnetz aufbauen. Die Rechnung der Alteingesessenen ging auf: Der Verlag im fernen München zog den Stecker, trotz großen publizistischen Erfolgs wurde die NRW-SZ im März 2003 nach nur 424 Tagen wieder eingestellt.

Seit dem Start der täglichen taz NRW im Dezember 2003 sind übrigens schon 530 Tage verstrichen. Aber das nur nebenbei.