Fühlbare Unsicherheit

Das Antidiskriminierungsbüro beklagt mehr rassistische Diskriminierung. Initiative gegen Polizeigewalt in Köln

KÖLN taz ■ Der Mann aus Afrika beugt sich durch das Fenster des Streifenwagens. Er will dem Fahrer, der gerade die Skizze seines Verkehrsunfalls gezeichnet hat, zeigen, wo etwas geändert werden müsste. Da lässt der Polizist das Fenster hoch, klemmt den Arm ein und startet. Dabei fährt er über den Fuß des Mannes. Nach wenigen Metern stoppt der Wagen, setzt zurück, fährt erneut über den Fuß. Der Polizist kurbelt das Fenster runter und braust, nachdem der Mann seinen Arm aus dem Wagen gezogen hat, ohne Entschuldigung davon. Geschehen am 30. April diesen Jahres in Köln.

So wurde es jedenfalls Susanne Laaroussie vom Antidiskriminierungsbüro (ADB) geschildert. Das ADB hat sich des Falls jetzt angenommen. Inzwischen wurde Anzeige wegen Körperverletzung im Amt erstattet. Ein sofort nach dem Vorfall ausgestelltes Attest bescheinigt dem Opfer Quetschungen an Arm und Fuß. Als Grund für die Misshandlung vermutet Laaroussie Rassismus.

Rassistische Diskriminierung habe in Köln allgemein „fühlbar“ zugenommen, so die ADB-Mitarbeiterin. Für die Jahre 2002 bis 2004 wurden dem ADB 165 Diskriminierungsfälle aufgrund eines Migrationshintergrunds gemeldet. Vergleichszahlen fehlen allerdings. Jeder vierte Fall geschah bei der Ausländerbehörde, 17 Prozent ereigneten sich in Gaststätten, Geschäften oder im Gesundheitswesen, 14 Prozent waren Nachbarschaftskonflikte. An letzter Stelle stehen mit 5 Prozent Übergriffe der Polizei.

„Oft sind gerade diese Fälle in ihren Auswirkungen gravierend“, heißt es dazu in der Statistik. Zudem kontere die Polizei oft mit einer Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt. Es sei schwierig, Gewaltanwendung seitens der Polizei vor Gericht zu belegen, räumt der Bericht ein.

Dies hat auch Isa A. erfahren. Der Exil-Iraner ist nach eigenen Angaben 2002 misshandelt worden (taz berichtete), vor Gericht aber bislang gescheitert. Nun hat er andere Opfer zum Erfahrungsaustausch eingeladen. Der Initiativkreis „Polizeigewalt in Köln“ trifft sich am 28. Mai, 17 Uhr, in den ADB-Räumen (Keupstr. 93). „Bislang gab es keinen Arbeitskreis, der sich gezielt mit diesem Thema beschäftigt, von dem Deutsche ebenso wie Menschen mit Migrationshintergrund betroffen sind“, begründet Laaroussie ihre Unterstützung.

Beim aktuellen Fall bestreitet Polizeisprecher Jürgen Göbel einen rassistischen Hintergrund: „Darauf deutet nichts hin.“ Der Streifenwagen sei plötzlich losgefahren, weil er zu einem dringenden Einsatz gerufen wurde. Dabei sei der Arm nicht eingeklemmt, der Fuß kein zweites Mal überfahren worden. Außerdem habe die Besatzung sofort einen Rettungswagen gerufen. Dem Betroffenen sei wenige Tage später ein Anhörungsbogen geschickt worden, der bislang noch nicht beantwortet sei. Das Delikt „fahrlässige Körperverletzung“ könne nur verfolgt werden, wenn eine Strafanzeige gestellt werde. Davon sei aber nichts bekannt. JÜRGEN SCHÖN