Mitch Buchannon wohnt hier nicht mehr

Ein Trend geht um in Europa: Von Spiel- und Liegeflächen, Beachclubs und Pflasterstränden

Dass unter dem Pflaster der Strand liege, skandierten die Studierenden, die im Mai 1968 auf die Straße von Paris gingen. „In diesem Sommer hat eine neue Mode Europa erobert“, schrieb der Trend-, pardon, Zukunftsforscher Matthias Horx gut dreieinhalb Jahrzehnte später, im August vergangenen Jahres, in der Wiener Tageszeitung Die Presse: „In jeder großen Stadt hat sich gleichsam über Nacht ein realer Strand gebildet.“ Zum Nachweis unter anderem angeführt: „Hamburg an der berühmten Strandperle“.

Ein Stückchen weiter, in Neumühlen, ist inzwischen noch eine beträchtliche Kiste Sand ausgelegt worden: laut dpa rund 1.000 m[3], was etwa 40 Lastwagenladungen entspreche. Bewährt sich die neue Spiel- und Liegefläche, die von einem Hamburger Bauunternehmer spendiert worden ist, sollen weitere Uferabschnitte derart versandet werden.

Ein paar hundert Meter flussaufwärts, da wo Stadtplaner am Altonaer Elbufer eine architektonische Perlenkette verwirklicht sehen wollen, schießen derweil – etwa so lange übrigens, wie Horx‘ erwähnter Text erschienen ist – allerlei dem „natürlichen“ Strand nachempfundene Ausgeh-Locations aus dem Pflaster.

Für Mitch Buchannon, den einst so unnachahmlich vom großen David Hasselhoff gegebenen Rettungsschwimmer in der Serie „Baywatch“, gäbe es hier freilich nichts zu tun: Mit wirklichem Strand haben diese Eventflächen ja herzlich wenig gemein – und leider auch so gar nichts mit „Reclaim the Beach“: Unter dieser Parole beanspruchen seit einigen Jahren ambitionierte LondonerInnen einige hundert Meter Themse-Ufer unkommerziell und bunt nutzen zu dürfen – und setzen sich damit immer wieder für kurze Zeit durch. aldi