Bremer Kapitalismuskritik als Kammerstreit

„Zukunftsinitiative“ der Handelskammer? Die alte Sanierungspolitik ist gescheitert, sagt die Arbeitnehmerkammer

Bremen taz ■ Nicht nur die Handelskammer ist unzufrieden mit der bremischen Politik der großen Koalition und fordert „dringend“ ein „strategisches Konzept“ (taz bremen vom 11.5.). Auch die Arbeitnehmerkammer hat sich jetzt mit einer grundsätzlichen Kritik zu Wort gemeldet: Die konkreten Vorschläge der Handelskammer, so heißt es in einem Brief an Wendisch, seien „politisch hilflos“. Es dürfe kein bloßes „Weiter so!“ geben, denn: „Der Versuch, Bremen durch ein zehnjähriges Investitionsfeuerwerk in die ‚Eliteliga‘ deutscher Wirtschaftsstandorte zurück zu katapultieren, ist definitiv gescheitert.“

Die Handelskammer hatte weitere drastische Einsparungen gefordert – auch als „politisches Signal“ Bremens, um weitere finanzielle Hilfen des Bundes zu erreichen. Die Arbeitnehmerkammer: „Wir vermögen bis heute nicht zu erkennen, dass die Absenkung des öffentlichen Aus- und Aufgabenniveaus irgendeinen positiven Effekt auf die standortpolitische Qualität Bremens gehabt hat. Am wenigsten jedoch ist der Sparwille unseres Landes auf Anerkennung gestoßen: Der Bundesfinanzminister denkt, trotz aller Anstrengungen der Landesregierung, öffentlich über einen föderalen Neuzuschnitt der Bundesrepublik nach.“

Besonders verärgert ist die Arbeitnehmerkammer darüber, dass die alten, in den vergangenen Jahren gescheiterten Konzepte als „alternativlos“ dargestellt werden. „Würde Bremisches Handeln nurmehr darin bestehen, all die Zwänge eigenständig zu exekutieren, die uns ansonsten Andere, Mächtigere aufnötigen werden, dann könnten wir das Bundesland preisgeben: Es bestünde kein positiver Grund für seine politische Existenz.“

Als die „Bremer Erklärung“ 1992 feierlich verabschiedet wurde, habe „aller Grund zu der Annahme“ bestanden, dass das Sanierungsprogramm „Gegenstand kontinuierlicher Beratungen zwischen den Unterzeichnern der Erklärung bleiben würde“. Einen ergebnisoffenen, „konstruktiven Dialog“ habe es aber seitdem nicht gegeben. „Wir können nicht verhehlen, dass wir in dieser Hinsicht mit dem, was aus der Bremer Erklärung wurde, unzufrieden sind.“ kawe